Disclaimer: Ich betreibe das DIY-Closed Loop System auf eigenes Risiko. Meine Ausführungen sind auf keinen Fall als Therapieempfehlung zu verstehen und sollten nicht nachgemacht werden.
19 Jahre Diabetes. Ich habe überlegt, ob ich daraus überhaupt einen Blogpost machen sollte. Ehrlich gesagt, finde ich diese 19 Jahre Diabetes nicht gerade besonders. Überhaupt, dass ich meinen Diaversary zwar nicht feiere, aber bewusst wahrnehme, ist erst seit meinem Blog, den ich vor vier Jahren gestartet habe, so. All die Jahre davor hatte ich einfach schlicht vergessen, wann genau der Tag meiner Diagnose war. Dabei sollte man doch fast meinen, dass sich ein Kind daran erinnert, wenn es zum Nikolaus einmal ein lebensveränderndes Geschenk bekommt.
Wie es läuft?
Heute möchte ich einfach nur kurz die Gelegenheit nutzen, um euch zu erzählen, wie es momentan mit meinem Diabetes & mir läuft. Ja, es läuft, es läuft sogar richtig gut. Und das liegt an mir. Ich bin momentan einfach unglaublich motiviert. Das hat verschiedene Gründe. Dinge, die momentan in meinem Leben passieren. Es könnte schlechteres geben, oder?
Die Gründe
Unter Anderem bin auch ich gerade dabei mir ein DIY-Closed Loop System zu bauen. Eigentlich wollte ich das vorerst gar nicht auf meinem Blog thematisieren. Ich dachte da eher an nächstes Jahr, wenn ich alles ausgiebig getestet habe und meine Begeisterung mal wieder keine Grenzen kennt. Dann hätte ich es sicher nicht länger ausgehalten und euch davon erzählt. Aber da es nun schon vor dem fertigen Closed Loop so gut läuft, muss ich jetzt einfach davon berichten!
Natürlich gibt es auch noch andere Gründe, die mich motivieren, aber die sind mir noch ein Stück zu privat.
Das DIY-Closed Loop System
Ein DIY-Closed Loop System ist ein „gehacktes“ (nein, man muss sich dafür nicht in eine Pumpe „hacken“. Die Pumpen an sich werden nicht verändert und bleiben normale Inslunpumpen) System, welches sich viele Patienten selbst zusammenbasteln, um einer künstlichen Bauchspeicheldrüse am nächsten zu kommen. Dabei gibt es verschiedene Varianten und Lösungen. Ganz einfach ist es nicht, aber auch nicht unmöglich, wenn man sich gut und viel mit dem Thema beschäftigt.
Ich habe mich dazu entschlossen mit dem Dexcom G6, einer Medtronic Veo und mit der IOS-Loop App zu loopen. Dazu benötigt man noch den sogenannten Riley Link (übrigens heißt der so, da Pete Swambs Tochter Riley heißt. Pete ist der „Entwickler“ des Riley Links, den er damals für seinen Sohn gebaut hat). Dieser wandelt das Signal der alten Veo-Pumpe so um, dass es ans Handy übertragen (bluethoot) werden kann und somit alles mit dem Handy steuerbar ist.
Die Hardware habe ich schon seit längerer Zeit bei mir liegen und auch die App ist schon auf meinem Handy installiert. Bevor ich nun aber anfange meinen Loop einzurichten, brauche ich meine genauen BE- und Korrekturfaktoren. Na ja, und die kann ich nur genau bestimmen, wenn ich sicher sein kann, dass meine Basalrate gut läuft.
Diese Daten müssen so genau wie möglich sein, weil das System mit ihnen arbeiten muss! Selbst lernen tut es selbstverständlich noch nicht. Wir müssen es weiterhin mit Daten füttern.
Wie ich überhaupt auf die Idee kam?
Wenn man sich in der Diabetes-Community umhertreibt kommt man um das Thema Loopen momentan fast nicht vorbei. Hier und da bekommt man mit Sicherheit etwas mit. Lange habe ich meinen Wunsch aber unterdrückt, da ich dachte „ich krieg das eh nicht hin!“ Dann musste ich einen 6-seitigen Artikel über DIY Closed Loop Systeme schreiben und danach war es um mich geschehen. Nachdem ich mich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigen musste, gab es nur noch eine Option: Ich MUSS loopen!
Testen, testen, testen…
Also fing ich mit Basalratentests an. Haargenau schrieb ich wochenlang alles auf und war dabei unheimlich motiviert. Keinen Kaffee, Mahlzeitenauslassen, jede Tätigkeit dokumentieren, BE’s abwiegen, das volle Programm eben. Und siehe da: meine Basalrate ist momentan ein Traum. Klar, sie ist hier und da noch verbesserungsfähig, da ich momentan sogar etwas zu niedrig unterwegs bin, aber die großen Ausreißer habe ich nach kürzester Zeit rausbekommen. Ja, ich habe eine kleine Wissenschaft daraus gemacht (ist es ja auch irgendwie, oder 😉 ) und ehrlich gesagt war das auch nur möglich, da ich momentan ausschließlich im Homeoffice arbeite und mir alles selbst einteilen kann. Aber auch an meinem Unitag stimmt die Basalrate fast zu 100%.
Ein kleiner Einbruch
Dann kam erstmal eine fiese Erkältung, die jetzt schon fast zwei Wochen anhält. Zwar sind meine Werte trotzdem recht passabel – nein, sie sind für meine Verhältnisse echt traumhaft, das muss ich jetzt einfach mal so sagen! – aber repräsentativ für Faktorentests sind sie dann doch nicht. Also warten. Jetzt kommt erst noch meine besondere Zeit im Monat und da spinnen meine Werte dann doch nochmal etwas mehr. Seit drei Wochen war ich kaum über 150 mg/dl – in der Nacht sogar nie über 110 mg/dl. Die Periode fängt an – zack sind meine Nachtwerte bei über 200. Ich würde das ja gerne einplanen, nur passiert das manchmal eine Woche vor meiner Periode, manchmal erst während meiner Periode oder auch eine Woche nach ihr. Drei Wochen im Monat die also potential gefährdet sind. Außerdem kann ich auch nie vorhersagen, um wieviel ich meine Basalrate erhöhen muss. Manchmal steigen meine Werte nachts in der Zeit auf 400 mg/dl, manchmal „nur“ auf 200 md/dl.
Der kleine Perfektionist
Ja, ich bin ein bisschen perfektionistisch veranlagt. Besonders macht sich das bei meinem Ordnungs- und Putzwahn bemerkbar. Eine Sorte Servierten an zwei Orten in der Wohnung? Da kann ich nicht schlafen, bis die richtigen Servierten auf dem richtigen Stapel liegen. Mein Freund kriegt regelmäßig die Krise, weil ich irgendwas weggeräumt habe, obwohl er gerade noch – offensichtlich – dabei war es zu benutzen.
Das ist auch bei meiner Arbeit so. ich kann keine Texte abgeben oder veröffentlichen, von denen ich nicht selbst überzeugt bin. In der Uni mache ich lieber immer alles selbst, aus Angst mich nicht auf jemanden verlassen zu können, da man seine Partner meistens nicht kennt.
Und so ist es auch mit meinem Diabetes. Das war schon immer so. Außerdem kenne ich fast nur Extreme. Entweder es läuft so richtig scheiße, oder es läuft traumhaft. Wenn ich gute Werte haben möchte, dann aber richtig gute und zu jeder Tageszeit. Da reicht ein „blöder“ Wert, um meine Motivation in den Orbit zu schießen. Ich denke, das ist tatsächlich mein Hauptproblem. Bei der Optimierung meiner Diabetestherapie bin ich 1. zu ungeduldig und 2. reicht, wie gesagt, ein schlechter Wert und ich finde alles doof. Aber wie sagt man so schön? „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“ und zum Glück habe ich meinen Freund, der sich sehr fürs Loopen interessiert und möchte, dass alles funktioniert. Er holt mich oft auf den Boden zurück und beruhigt mich. Redet auf mich ein, damit ich nicht das Handtuch werfe, nur weil es einmal nicht rund läuft. Und das funktioniert. Ich lerne geduldiger zu sein, auch mal einen schlechten Wert oder Tag wegzustecken und dann weiterzumachen.
Aktueller Stand
Was mir momentan noch fehlt, um mit dem Loopen anzufangen sind meine Faktoren und die richtigen Reservoire für die Veo. Die Reservoirs sind bestellt. Mit meinem Faktorentest muss ich aber leider noch ein bisschen warten bis Zyklus und Erkältung vorbei sind. Aber das ist okay, bis dahin kann ich mich noch etwas einlesen und mich freuen. Vorfreude ist ja schließlich die schönste Freude, oder?
Jedoch hoffe ich, dass ich die ruhigen Weihnachtstage (na jaaaa, ruhig ist relativ. Am ersten Weihnachtstag ist bei uns immer große Homecoming-Party mit meinen früheren Schulfreunden. Die lasse ich mir nie entgehen und es fließt auch jedes Mal eine Menge Alkohol, ich freu mich jetzt schon wie ein Kleinkind!) nutzen kann, um meinen Loop zu schließen.
Nach 19 Jahren Diabetes denke auch ich: #wearenotwaiting und könnte Platzen for Aufregung und Vorfreude.
Die Community
Eins muss ich noch loswerden: Beim Einstieg und auch bei der Beschaffung der Hard- und Software hat mir die Community unglaublich geholfen. Saskia (Diafeelings) musste sich öfters Fragen von mir gefallen lassen und Ramona (Tattoos, Travels, Type One) wurde schnell zu meiner persönlichen seelischen Unterstützung. Sascha (Sugartweaks) und Matthias (looper36) hingegen eher zum technischen Support. Saschas Anleitung war es übrigens auch, die mir zur loop-App verholfen hat. Super easy, vielen Dank dafür!
Und auch die Facebookgruppe „Looped-de“ ist eine enorme Hilfe. Alleine schon, wenn man sich dort durchließt und die gesammelten Dokumente zur Abendlektüre werden.
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