Donnerstagabend, auf dem Marktplatz vom Camp D in Bad Segeberg stehe ich in einem kleinen Kreis mit etwa sechs / sieben Diabetes-Bloggern und Aktivisten zusammen. Menschen, die in der Community sehr aktiv sind, sowohl online als auch offline. Menschen denen solche Events und Tage mit anderen vielen Menschen mit Diabetes nicht unbekannt sind. Wir kommen alle gerade von der Begrüßungsveranstaltung im großen Zelt. Einige sagen erstmal nichts, genau wie ich, die das eben Erlebte kurz noch sacken lassen muss. Wir sprechen darüber, wie beeindruckend das Gefühl war mit über 400 Typ 1 Diabetikern in diesem Zelt zu sitzen und zu essen. Die Stimmung ist irgendwie elektrisierend. „Das ist hier wie in einer anderen Welt.“ Sagt Kevin Röhl von Lumind und hat für mich damit das Zitat des Wochenendes geschaffen, welches ich immer wieder zitieren werde.
Was ist das Camp D
Das Camp D findet alle vier Jahre in Bad Segeberg statt und wird von Novo Nordisk ausgerichtet. Es ist für junge Menschen mit Typ 1 Diabetes im Alter von 16 bis 25. Meistens sind es in etwa 400 – 500 Teilnehmer und noch einmal ca. 130 Menschen die organisieren, betreuen und vor Ort helfen und unterhalten.
Es gibt das Orga-Team, Fotografen, medizinische und nicht-medizinische Betreuer und die Teilnehmer, die alle mit einem T-shirt ausgestattet werden. Bei der Ankunft wird den Teilnehmern ein Zelt zugewiesen, in dem sie mit zwei bis drei anderen Leuten, die das gleiche Geschlecht und in etwa das gleiche Alter haben, schlafen. Dann werden sie noch einer Gruppe und einem Betreuer zugeteilt. Die Anreise findet immer Donnerstagabend statt, für den Transfer von Flughafen und Bahnhof hat das Orga-Team natürlich gesorgt. Am selben Abend findet dann die große Begüßungsveranstaltung statt. Am nächsten Tag, dem Freitag ist dann meistens Workshop-Tag. Es finden viele interessante Vorträge und Workshops zu den verschiedensten Themen statt. Die Teilnehmer können sich entscheiden, was sie hören möchte, was sie selbst am meisten interessiert und welche Workshops sie besuchen möchten. Am späteren Abend gibt es dann immer einen lockeren Ausklang mit Musikern und gemütlichem Beisammensitzen. Der Samstag steht dann im Zeichen des Sports. Sporttag ist angeesagt. Erfolgreiche Sportler mit Typ 1 Diabetes wie z.B. Anja Renfort und Timur Oruz zeigen den Camp-Teilnehmern dann wie es geht und machen mit ihnen zusammen Sport. Auch hier kann sich jeder aussuchen, was er gerne machen möchte. Am Sonntagmorgen ist dann leider auch schon alles wieder vorbei und die Abreise beginnt. Die Zelte werden abgebaut und es wird sich herzlich und mit einem weinenden Auge verabschiedet.
Im Großen Zelt ist morgens, mittags und abends ein großes Buffet aufgebaut- natürlich mit KE-Angaben. Zudem findet man überall auf dem Gelände kleine Snackstationen und Getränkestationen, sodass es einem nie an etwas mangelt.
Lisa meets Camp D
Als ich das erste Mal vom Camp D hörte war ich gerade dabei meinen Blog zu starten und mich in der Diabetes-Community umzusehen. Heute bin ich mittlerweile leider zu alt, um als Teilnehmer mit dabei sein zu können. Deswegen war ich froh, als ich als Vertreterin der Blood-Sugar-Lounge die Chance bekam mir das Camp mal selbst anzusehen. Auf dem „Marktplatz“ des Camps stehen ein paar Zelte von Unternehmen aus der Diabetes-Branche und dort hatten auch wir, von der Blood-Sugar-Lounge, unser Zelt. Zusammen mit Katharina von Nerven aus Zuckerwatte stand ich als Ansprechpartner zur Verfügung und machte dann auch etwas spontan noch beim Blogger Workshop von Bastian Hauck mit. An unserem Stand konnte sich jeder über die Blood-Sugar-Lounge informieren, auf dem roten Sofa Platz nehmen, quatschen und lustige Fotos machen.
Ich liebe Festivals und war schon immer der Camper, wenn es in den Urlaub ging. Alleine deswegen fand ich das Camp D toll, aber das Gefühl, dass man dort bekam war wirklich etwas Besonderes. Natürlich traf man wieder viele Gesichter aus der Community und tauschte sich rege aus. Doch wir lernten auch viele neue Gesichter kennen. Menschen, die gerade erst von ihrer Diagnose erfahren hatten und ganz neu in der Community waren, ebenso wie auch alte Hasen. Es war sehr interessant sich mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu unterhalten – wie immer.
Das Gefühl bleibt
Als ich dann nach fast 4 Tagen alleine in meinem Auto saß und nach Hause fuhr musste ich erstmal weinen. Es war einfach so ein überwältigendes Gefühl, dass ich weinen musste. Vielleicht war ich auch ein bisschen traurig, dass es so schnell zu Ende ging, aber hauptsächlich war ich überwältigt und glücklich. Glücklich, Teil einer so tollen Community zu sein und glücklich darüber, dass es solch tolle Angebot für junge Menschen mit Diabetes gab. Und natürlich war ich happy selbst vor Ort gewesen zu sein und diese Stimmung erleben zu dürfen
Ich überlegte mir, dass ich gerne eine Zeitreise machen würde und meinem Teenager-Ich erzählen würde, dass ich dorthin gehen sollte. Aber ich kenne mich, ich hätte damals nicht mal auf mein Ich aus der Zukunft gehört. Und selbst wenn ich mich selbst überredet hätte und zum Camp D gegangen wäre, wäre ich vor Ort unglücklich gewesen und hätte mich verkrochen. Mit Sicherheit hätte ich sogar noch Heimweh gehabt. Tja, so war ich damals einfach. Diabetes: kacke – andere Menschen: kacke – lasst mich in Ruhe, ich will das nur hinter mich bringen!
Es ist irgendwie schade, dass ich so lange brauchte, um zu erkennen wie wichtig es ist sich mit anderen auszutauschen und vor allem: Dass es unglaublich schön ist und man sogar Freunde finden kann. Auf der anderen Seite bin ich, wie gesagt, unendlich glücklich es am Ende doch noch eingesehen zu haben und heute ein Teil dieser „anderen Welt“ sein kann und darf.
Seid offener als ich früher!
Ich würde wirklich jedem ans Herz legen, einmal beim Camp D vorbeizuschauen. wenn ihr, so wie ich, zu alt seid, um als Teilnehmer mit dabei zu sein, kann man sich am Freitag oder Samstag auch als Tagesgast anmelden und einen Tag lang mit dabei sein.
Danke für ein verrückt-tolles Wochenende an alle, die sich mit mir ausgetauscht haben. Und ein wirkliches Lob an alle, die am Camp D beteiligt waren. Ihr macht einen guten und vor allem wichtigen Job!
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