„Die meisten fragen immer nur: „wie läuft es mit dem Diabetes? Wie sind deine Werte?“ und vergessen, dass gerade in der Pubertät noch so viel anderes in den Köpfen passiert. Wir müssen auch mal öfter fragen „Wie geht es dir? Was ist noch so los in deinem Leben?“
Das erzählte mal ein Kinder- und Jugenddiabetologe an einem Infotag. Ich saß heftig nickend im Publikum. Auch ich hatte so etwas in der Pubertät erlebt und genau das führte immer mehr dazu, dass ich meinen Diabetes hasste und ihn am Ende ignorierte. Meine Diabetologen, meine Eltern, Lehrer und sogar andere Ärzte fragen immer nach meinem Diabetes und meinen Werten, aber wie ging es mir? Das schien eher uninteressant zu sein. Durch den Diabetes fühlte ich mich vergessen. Alles was die Leute interessierte war mein Diabetes, aber nicht ich. Deswegen wollte ich diesen Teil von mir einfach aussperren.
Aber nicht nur in der Pubertät bietet das Leben so viel mehr, dass man hin und wieder keine Zeit oder auch keine Lust für seinen Diabetes aufbringen kann. Klar, wir müssen, wir haben keine andere Wahl – aber das bedeutet nicht, dass es nicht manchmal schwierig ist alles unter einen Hut zu bekommen.
Der April hat mich viel gelehrt
Dieser April war bei mir persönlich das absolute Paradebeispiel. Ich wusste schon seit längerem: Im April geht die Uni wieder los, bis Ende April (27.04) muss ich eine Hausarbeit abgeben, vom 18. – 23. April habe ich Urlaub, den ich in der Heimat verbringen werde. Aber Urlaub? Den habe ich mir nur genommen, weil ich sonst nicht geschafft hätte, was in dieser Woche alles passieren sollte. Am 19. April wird mein Freund 30. Am 21.04 wollen wir deswegen seinen Geburtstag feiern, mit Freunden seiner und meiner ganzen Familie. Also wird ganz parallel auch noch eine große Familienzusammenführung stattfinden. Außerdem wusste ich, es kommt am 18. April eine E-Mail von dem Verlag, bei dem ich mich für ein Volontariat beworben habe. Diese E-Mail wird ein Thema für mich bereithalten. Anschließend habe ich fünf Tage Zeit eine Reportage zu diesem Thema zu schreiben und ein Vorstellungsvideo über mich selbst zu drehen. Ist es gut, komme ich in die nächste Bewerbungsrunde. Ja, richtig. Genau die fünf Tage, an denen ich in der Heimat sein und den Geburtstag vorbereiten werde und die Familie meines Freundes bei meiner Familie wohnen wird. Ich war minimal aufgeregt.
Der ganz normale Alltagswahnsinn fand bis dahin natürlich auch kein Ende: Arbeiten, Uni, Artikel schreiben. Ich glaube fünf Artikel standen auf meiner April-To-Do-Liste. Mit festen Abgabeterminen.
Unverhofft kommt oft…
Etwas außerplanmäßig passierte dann natürlich noch das ein oder andere: Ein paar Tage vor meinem Urlaub spülte ich aus versehen meinen Sensor inklusive Transmitter die Toilette herunter. Fragt nicht. Das zweite war etwas persönlicher, weswegen ich auch nicht alles verraten möchte. Aber meinem Papa geht es gerade nicht so gut und es kam natürlich so, dass er ausgerechnet am 18. April nach Hamburg in eine Spezial-Klinik musste. Erstmal nur um sich zu informieren, was ihm eventuell bald bevorstehen könnte. Kurz hatte ich überlegt alles abzublasen, aber dieser Termin stand nun schon so lange fest, es war ein Kampf wirklich alle an einem Termin an einen Ort in Deutschland zusammenzubekommen. Ich hatte schon fast alles organisiert und irgendwie freuten wir uns ja auch alle drauf. Also verbuchten wir es als „willkommene Ablenkung“. Trotzdem war die Stimmung natürlich ein wenig getrübt.
Selbstmanagement? ich habe viel zu lernen
Fassen wir schon mal zusammen: Ich muss dringend lernen nicht immer zu allem „Ja“ zu sagen. Ich muss mein Selbstmanagement definitiv überdenken und überarbeiten, denn so wie im April möchte ich es dann doch nicht noch mal heraufbeschwören. Am Anfang klang alles so einfach, dass ich dachte: „Ach, das schaffst du noch und das auch, ist ja nur dieses eine Mal etwas stressig.“ Tja, das sollte man vielleicht nicht über jeden einzelnen Auftrag denken, denn am Ende wusste ich wirklich nicht mehr, wo mir der Kopf steht.
Dazu kamen natürlich noch Dinge, die ich einfach für mich tun wollte: im April war das Sport. Ich meine, hallo? 30. Geburtstag, mit meiner ganzen Familie, mit der Familie meines Freundes und vielen unserer Freunde… ihr könnt sicher erahnen, was – mal wieder – in meinem Kopf passierte. Das Vorhersehbare: „Ich muss bis dahin unbedingt etwas abnehmen und gut aussehen“. Schüttelt ruhig den Kopf, das habe ich verdient.
Aber: Seit einem Jahr habe ich keinen Sport mehr gemacht und ich habe nicht sonderlich gut auf meinen Körper geachtet, ich habe wieder zugenommen und fühlte mich zusehends unwohler. Im November starteten mein Freund ich deswegen unser „Vegan-Experiment“ und es half sehr. Seit Februar gehe ich nun auch endlich wieder regelmäßig zum Sport. Und das mit Erfolg 🙂
Wegen der ganzen Lage steigerte sich mein Ehrgeiz sehr. Ich schaffte es den ganzen April über neben meiner Arbeit, der Uni, der Geburtstagsplanung, der Familienkoordination und meinen Artikeln 3-5 Mal die Woche zum Sport. Für zwei Stunden.
Stress tut gut, bis zu einem gewissen Maß
Ich muss sagen, dieser Stress machte mich fertig, aber er tat mir auch irgendwie gut. Lange hatte ich nicht so einen durchorganisierten Alltag, lange habe ich nicht so viel geschafft, lange fühlte ich mich so strak wie in den letzten Wochen. Ich schaffte alles, was ich mir vornahm und fühlte mich gut. Auch wenn andere Dinge in dieser Zeit auf der Strecke blieben (Bloggen, Zeit für mich, Zeit für Freunde, etc.). Zwar bekam ich nachts kein Auge zu, stand aber dennoch jeden Morgen um dieselbe Uhrzeit auf, machte mein Bett, ging zur Arbeit und so weiter. Stress macht mir nach einiger Zeit emotional zu schaffen, aber für einen gewissen Zeitraum blühe ich unter Stress total auf. Irgendwie brauche ich das ab und zu. Zugegeben, im April war es dieses Mal etwas viel.
Was wirklich schwer in dieser Zeit war, war meinen Blutzucker unter Kontrolle zu halten, denn Stress sorgt dafür, dass der Blutzucker ansteigen kann. Wie das aussieht und was man machen kann könnt ihr auch hier lesen: „Komm mal runter!- Blutzucker uns Stress“
Fortsetzung folgt.
Was das Ganze mit meinem Diabetes zu tun hat, was aus meinem verlorenen Transmitter wurde, wie es mir die restliche Zeit erging, ob ich am Ende alles geschafft habe, was ich mir vorgenommen habe und vor allem was ich daraus gelernt und welche Schlüsse ich über mich selbst gezogen habe, könnt ihr im nächsten Beitrag lesen. Da geht es dann auch um eine erneute Krise mit meinem Diabetes.
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