Ich sage immer: „Wer eine Krankheit sein ganzes Leben lang mit sich trägt, 7 Tage die Woche, 24 Stunden am Tag, der darf und MUSS auch mal genervt sein. Es kann doch niemand behaupten, dass er sein Leben lang, jede Sekunde motiviert und mit seinem Diabetes gut gestellt ist. Selbst die große Liebe nervt einen hin und wieder.“
Für einige ist es leichter motiviert und diszipliniert zu bleiben. Anderen dagegen fällt es ganz schön schwer. Das liegt wohl in der Natur eines Jeden. Und natürlich auch an der Einstellung zum Diabetes.
Spätestens in der Pubertät kommt es wohl bei den meisten zu einem Einbruch. Als Teenager hat man den Kopf in den Wolken und überall anders, nur nicht gerade bei seinem Messgerät und den korrekten Be-Angaben.
Besonders in dieser Zeit möchte man „normal“ sein und dazugehören. Von allen akzeptiert werden und all das ausprobieren und unternehmen, was die Anderen auch machen.
Das da der ein oder andere Messwert oder Bolus verloren geht ist kein Wunder.
Was kann man machen, um aus diesem Tief herauszukommen?
Eltern und Ärzte die auf einen einreden, Schuldgefühle machen wollen und schimpfen sind da weniger hilfreich. Oft erreicht man damit nur, dass der/die Betroffene gar nicht mehr zuhört und „dicht macht“. Na klar. Ich weiß noch genau, was ich immer dachte: „Du hast gut reden. Du MUSST es ja nicht die ganze Zeit lang ertragen!“
Auch Fotos von Folgeerkrankungen halte ich persönlich nicht gerade für die beste Lösung. Diese Fotos können wirklich heftig und gerade für jüngere wirklich verstörend wirken.
Natürlich ist es für Angehörige leicht, solche abschreckenden Fotos zu finden und mit Sätzen wie „das willst du doch nicht!?“ zu untermauern.
Oft lösen solche Bilder aber nur extrem negative Gefühle aus. Die Krankheit wird noch viel mehr gehasst, weil sie zu so etwas fähig ist und im schlimmsten Fall führt diese Wut zu noch mehr Ignoranz.
Nicht selten kommt dann noch das Ohnmachtsgefühl hinzu. „Man schafft es ja doch nicht dran zu bleiben.“
Nicht-Diabetiker können das wohl nur schwer verstehen.
Jedem ist klar, was passiert, wenn man mit dem Diabetes schludert. Viele bezeichnen so ein Verhalten schlichtweg als „dumm“. Es ist einfach das zu sagen.
Aber werden auch alle Magersüchtige oder Extremsportler als „dumm“ bezeichnet? Die setzten ihr Leben auch permanent aufs Spiel.
Mit Intelligenz hat so ein Verhalten nichts zu tun. Das ganze liegt viel tiefer.
Wichtig ist:
- Den Betroffenen zu zuhören und ihn ernst zu nehmen. Keine schlauen Sprüche zu klopfen, wenn man noch nie selbst in so einer Situation war.
Wie bereits gesagt. Solche Phasen kennt jeder, sie sind in meinen Augen normal. Deswegen sollte man auf keinen Fall zu viel Druck ausüben.
Erst wenn man merkt, das diese „Phase“ deutlich zu lange dauert und andere Dimensionen annimmt.
Nicht umsonst sind Diabetiker auch öfters von Depressionen betroffen.
Es gilt also: zuhören und ernst nehmen Nicht unter Druck setzten, aber ein Auge darauf haben.
- Ich hätte damals wohl mehr auf jemanden gehört, der ebenfalls Diabetes hat und ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Bringt den Betroffenen mit Gleichgesinnten zusammen. Es kann helfen, wenn er sieht, dass er nicht alleine ist und das da Menschen sind, die ihn verstehen. Geht zu einer Kur, ins Camp D oder schaut doch mal im Internet. Da gibt es zahlreiche Foren, Seiten und Facebookgruppen, in denen sich Diabetiker austauschen.
- Dennoch: bezieht als Diabetiker auch eure Familien und Freunde mit ein. Sie sollen euch ja nicht kontrollieren, aber erzählt von eurem Problem und bittet sie euch ans Blutzuckermessen zu erinnern.
- Auch ein Tagebuch, Notizheft oder ein Blog, wie bei mir können helfen den Motivationsschub nach vorne zu treiben. Einfach mal Luft machen und alles von der Seele schreiben, kann oft wahre Wunder bewirken.
- Schreib euch kleine Post-it Zettel mit Motivationssprüchen oder Erinnerungen und verteilt sie dort, wo ihr oft hinschaut.
- Da ich gerade von meinem Blog spreche: Sucht euch etwas, dass euch Spaß macht. Ein leidenschaftliches Hobby und versucht den Diabetes mit einzubringen. Seht es als euer gemeinsames Hobby. Jede Freizeitaktivität macht mehr Spaß, wenn es euch gut geht!
- Auch Handyapps können etwas mehr Spaß in den Alltag bringen. Sie sind bunter als die langweiligen Blutzuckertagebücher. Die App ‚MySugr‘ startet Challenges in denen ihr andere Diabetiker besiegen könnt, um alle zu motivieren den Diabetes nicht aus den Augen zu verlieren.
- Setzt euch klare Ziele die ihr erreichen wollt. Aber setzt sie realistisch. Das kann sonst nach hinten losgehen. Wenn eure Ziele so hoch gesteckt sind, dass ihr sie nicht erreichen könnt und nur eine Niederlage nach der anderen einstecken müsst demotiviert das!
- Und ganz wichtig: Belohnt euch! Habt ihr ein Ziel erreicht. Euren HbA1c gesenkt, eine Woche keinen Wert über 200 mg/dl gehabt etc. gönnt euch was. Die Disziplin soll ja auch honoriert werden!
Ich selbst stecke gerade – wieder mal – in so einem Tief.
Ich kämpfe und kämpfe aber es ist einfach der Wurm drin! Habt ihr vielleicht noch andere Tipps, die euch dabei helfen den Diabetes im Fokus zu behalten?
P.S. Ab morgen könnt ihr in der Zeitschrift ‚Closer‘ einen Bericht über mich und das Insulinpurging lesen.
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