Noch heute erinnere ich mich an meine grenzenlose Begeisterung, als mir die Minimed 640g und der Enlite-Sensor angelegt wurden.
Der Weg dahin war für mich auch gar nicht so einfach.
Diabetes? Lass mich damit in Ruhe!
Jahrzehntelang wollte ich erstmal überhaupt keine Pumpe. Während meiner Pubertät ignorierte ich meinen Diabetes so gut es ging – und das geht wirklich ganz gut, ehrlich! Ich hatte damals nicht mal mehr ein Blutzuckermessgerät, spritze mit dem Pen den Bolus, wenn es mir schlecht ging – das Basal vergas ich meistens. Zum Diabetologen ging ich selbstverständlich nicht. Einige Jahre lief das so vor sich hin. Ich wollte feiern, reisen und war nur damit beschäftigt meine pubertären Bedürfnisse zu befriedigen. Da war für den Diabetes einfach kein Platz.
Wie es endete wisst ihr ja. Aus der Ignoranz wurde später, aus dem Wunsch heraus abzunehmen, das Bewusste weglassen des Insulins. Ich spritze nicht mal mehr, wenn es mir schlecht ging, sondern nur noch dann, wenn ich das Gefühl hatte, umzukippen – oder ich mir die Seele aus dem Leib kotze.
Der Blog änderte alles
Erst durch meinen Blog fing ich an wieder Interesse an meinem Diabetes zu zeigen. Genau das war zu dem Zeitpunkt auch der Plan. Meine Ignoranz und das Insulin-Purging beförderten mich am Ende schneller als gedacht auf die Intensivstation und in eine wirklich brenzlige Situation. Ich MUSSTE den Diabetes einfach wieder aktiv in mein Leben einbinden.
Durch das Bloggen fing ich an mich wieder mit den Therapiemöglichkeiten zu beschäftigen. Ich sah plötzlich die ganzen Pumpen, unterschiedliche Messgeräte, las sogar etwas von Sensoren. Das war für mich wirklich neu! Wie eine neudiagnostizierte wühlte ich mich durch die Hilfsmittelwelt und war begeistert. Dadurch, dass ich meinen Diabetes ignorierte, ignorierte ich natürlich auch alle neuen Therapiemöglichkeiten. Ich war fassungslos, was mittlerweile alles möglich war.
Die Entscheidung
Ein Jahr später entschied ich mich für eine Pumpe. Es gab eine Schlauchlose Patchpumpe. Hallo? Wie genial ist das denn? Eine Pumpe, die du dir einfach auf die Haut klebst.
Meine anfängliche Begeisterung vom OmniPod schwächte sich aber leider im Alltag ab und als ich dann noch eine Pflastertallergie bekam, musste eine andere Lösung her.
Zunächst tat ich mich mit der Entscheidung etwas schwer, entschied mich dann aber für eine Schlauchpumpe.. Die Minimed640g. Fragt mich nicht, was es war, aber ich sah Fotos von dieser Pumpe und fand sie hübsch. Die wollte ich.
Wieder ein Jahr kämpfe ich dann für den Pumpenwechsel und die Umstellung auf ein CGM, das für mich gefühlsmäßig immer noch an ein Wunder grenzte.
Dieses Jahr war für mich wirklich eine nervliche Achterbahnfahrt. Umso glücklicher war ich, als ich tatsächlich Pumpe und CGM in den Händen hielt.
Ihr müsst mich verstehen.
Noch vor vier Jahren war es für mich aufregend zu erkennen, was es mittlerweile für verschiedene Blutzuckermessgeräte gab. Als ich 2013 aus dem Krankenhaus entlassen wurde, bestellte ich mir schnell ein Blutzuckermessgerät im Internet, weil es mir unangenehm war, meiner Ärztin zu gestehen, dass ich seit Jahren keins mehr hatte. Ich bestelle mir das selbe Gerät, dass ich Jahre zuvor benutzt hatte. Alles Neue überforderte mich noch, aber ich sah diese ganze Produktpalette, von der ich bis dahin nichts ahnte.
Natürlich war ich begeistert von meiner Pumpe und dem CGM.
Als ich 1999 Diabetes bekam, musste ich beide Insulinsorten in einer Spritze mischen, das Basal vorher gut rollen und dann gab es diesen Diätplan, der mir sagte, wann ich wieviel essen durfte und in der restlichen Zeit nicht.
Jetzt habe ich eine Insulinpumpe, die mir mein Insulin permanent in den Körper pumpt, bei der man die Basalrate für jede Stunde individuell einstellen kann, die ich bei Unterzuckerungen einfach mal abstellen kann. Bei Sport reduzieren und bei Krankheit höher einstellen kann. What?
Und dann das CGM! Ein Sensor, der meinen Gewebezucker permanent misst und die Werte an die Pumpe sendet. Die Pumpe, die sich sogar vor Unterzuckerungen selbst ausstellt und später wieder einstellt. Ein Sensor, der mich warnt, wenn etwas aus der Bahn läuft. Ich konnte meinen Blutzuckerverlauf sehen, sogar wenn ich geschlafen habe. Für mich war das neu und der absolute Wahnsinn. Wie sollte ich da groß kritisch sein? Ich sah eine Welt, von der ich jahrelang nichts wusste.
1 Jahr Minimed 640g
Aber in einem Jahr kann viel passieren und vor allem neigt man dazu die Dinge schnell als selbstverständlich zu nehmen. Ich liebe meine Pumpe immer noch, aber mittlerweile habe ich sogar ein paar Dinge entdeckt, die ich gerne verbessert sehen würde. Aber um das zu erkennen, brauchte es Zeit. Ich musste die Pumpe tragen, tagein, tagaus. Ihre Vor-und Nachteile entdecken. Sehen, wie der normale Alltag mit so einem System funktioniert.
Ich bin ein Mensch, der extrem begeisterungsfähig ist, das zieht sich durch mein Leben wie ein roter Faden. Wenn ich etwas Neues entdecke, finde ich es meistens erstmal toll und entwickle eine kleine Obsession. Es braucht Zeit, damit ich auch die Nachteile erkennen kann.
Kritik an der Minimed640g und die eigene Wunschpumpe?
Ja, Kritik habe ich mittlerweile durchaus. Aber ich bin nach wie vor mehr glücklich darüber, die heutigen technischen Möglichkeiten ausschöpfen zu können, als mich an den Kleinigkeiten (die es für mich momentan einfach sind) zu ärgern. Das ist auch einfach nicht meine Art. Im Vergleich zu 2013 habe ich heute eine enorm gesteigerte Lebensqualität. Darüber freue ich mich.
Ok, natürlich wäre ein voll ausgereiftes Closed-Loop System, das mittlerweile ja auch gar nicht so weit weg ist das Nonplusultrap – und ich freue mich tierisch darauf, dass ich selbst sogar mal die Möglichkeit haben werde, so ein System tragen zu können.
Aber in diesem Text geht es um mein jetziges System. Die Minimed640g und den Enlite Sensor. So begeistert wie ich am Anfang war, es gibt auch Dinge, die mich stören. Und über die möchte ich heute einfach mal schreiben.
Wenn ich heute meine Minimed 640g selbst umdesignen könnte, wäre sie definitiv kleiner. Man hätte die Möglichkeit die Pumpe auch waagerecht am Clip zu befestigen und es gäbe einen aufladbaren Akku. Die Tastenanschläge wären so leise, dass man sie nicht hört und man könnte alle Daten mit einer App synchronisieren. Mit dieser App könnte man übrigens auch die Pumpe steuern.
Der letzte Punkt liegt mir wirklich am meisten am Herzen. Oft trage ich die Pumpe irgendwo, wo das Herankommen gar nicht so einfach ist. Aber ich brauche die Pumpe, wenn ich wissen will, wo sich mein Gewebezucker gerade befindet, ich muss sie herausfingern, wenn ich einen Bolus abgeben will, die Basalrate verändern möchte und auch bei allen anderen Einstellungen, so wie Alarmen. Das nervt mich im Alltag wirklich und ist unpraktisch. Könnte ich all das auch vom Handy erledigen – und könnte meine Werte auf dem Handy sehen, dann könnte die Pumpe bei einer Feier oder Besprechung (und auch sonst) dableiben, wo sie ist. Niemand fummelt sich in der Öffentlichkeit gerne im BH oder in der Hose herum.
Auch das CareLink System, mit dem ich meine Pumpe auslesen muss, ist gelinde gesagt eine reine Katastrophe. Das erste Mal hat es mich fast drei Monate gekostet, bis ich es hinbekommen habe, die Pumpe auszulesen. Noch heute klappt es nicht immer sofort, besonders nicht nach Updates. Selbst meine Praxis hat diese Probleme, sodass ich das letzte Mal dort saß und wir keinerlei Daten analysieren konnten, weil das System einfach nicht wollte.
Wie ist das bei euch? Seid ihr 100% mit euren Hilfsmitteln zufrieden? Habt ihr auch schon mal das System gewechselt? Oder wartet ihr einfach nur noch auf das „GO!“ der Closed-Loop-Systeme?
Stephan meint
Hallo Lisa,
es gibt mittlerweile eine Möglichkeit die Minimed und den Sensor mit einer App zu synchronisieren und dir die Daten auf dein Handy zu senden. Steuerbar ist die Pumpe dadurch noch nicht, aber man muss nicht immer die Pumpe rauskramen um zu sehen was los ist.
Vielleicht hast du ja auch schon von Nightscout gehört?
Viele Grüße
Stephan
Christian meint
Hallo zusammen,
Wir (meine Frau und Ich) verwenden seit kurzem die 640G mit dem Enlite CGM und sind eigentlich sehr zufrieden.
Hast du schon Erfahrungen damit gemacht, denn wir bekommen es nicht hin unsere Pumpen und CGM mit unseren Mobiltelefonen zu koppeln.
VG
Chris
Stephan meint
Hallo Chris,
schau mal unter http://www.diabetes-kids.de im Forum unter Nightscout, dort gibt es verschiedene Möglichkeiten und Anleitungen zur Verbindung mit dem Smartphone.
Allerdings kommt innerhalb der nächsten 2 Jahre die Minimed 670g in Europa auf den Markt. Ich denke dort wird es noch mehr Möglichkeiten zur Steuerung per App o.ä. geben.
VG
Stephan
Judith meint
Und welche Apps gibt es darür? (iphone) 🙂
Petra meint
Hey Lis wenn du die Pumpe selber ausstellst beim Unterzucker, kriegst du sie heute schon in kleiner und handyauslesbar sogar mit Smartwatch kompatibel. Schau dir mal die neue Ypsopump an. Viel kleiner, leichter und mit CGM als stand alone Gerät geht das. Übrigens ohne Tasten sondern mit swipen. Liebe Grüße und danke für deinen Blog. Hab mir Tipps geholt für den Pod, darf ihn jetzt einweisen und hatte ihn 3 Tage probe getragen.
Judith meint
Du hast vollkommen recht mit deiner Kritik! Am meisten stört mich im Alltag der Clip. Der ist voll unpraktisch und zu kurz. Habe das auch schon reklamiert ( der Clip vom Vorgängermodell war besser). Ich trage die Pumpe am BH und fingere ganz unbewusst immer in meinem Ausschnitt herum, da wäre eine Bedienung mittels Handy/SmartWatch super. Anscheinend gibt es da ein Programm, aber das war mir technische zu hoch.
Außerdem stelle ich fest, durch die Pumpe am BH gehen die Bügel schneller raus… Und nachts sind die Tasten sehr laut…