Geduld ist nicht gerade eine meiner Stärken. Besonders dann nicht, wenn ich krank bin. Mein Körper ausgebremst wird. Ich eine Zwangspause einlegen muss und nicht all das machen kann, was ich gerne machen möchte. In solchen Momenten ist mein Frustlevel echt niedrig und ich sitze genervt und schmollend in meinem eigenen Saft. Nicht selten lasse ich diesen Frust an den Menschen aus, die mir am nächsten stehen. Da erscheint mir ein Blogpost doch die bessere Alternative.
Die Vorgeschichte

Schon seit einigen Wochen plagten mich immer wieder verschiedene gesundheitliche Probleme. Erst die Sommergrippe, dann war mein Körper aufgedunsen und voller Wasser, meine Periode blieb längere Zeit aus, dann wieder eine Erkältung. Als ich dachte, ich hätte endlich alles überstanden, mussten wir uns von meiner Oma verabschieden. Ich fuhr eine Woche in die Heimat und hatte eine wirklich emotionale Zeit. Körperlich ging es mir aber endlich besser und ich konnte wieder Sport treiben. Endlich. Der Abschied aus der Heimat fiel mir dann jedoch schwerer als gewohnt – eigentlich wollte ich gar nicht wieder weg.
„Ich rufe den Krankenwagen“

Gerade einmal zwei Tage zurück in Kassel ging es mir schon wieder nicht gut. Zunächst war alles wie immer. Ich stand auf, kochte Kaffee und arbeitete. Am späten Nachmittag kochte ich Essen. Mein Freund arbeitet nur ein paar Häuser die Straße herunter und kommt in seiner Mittagspause immer zum Essen vorbei. So war das auch an diesem Tag. Während er sich zwei Schüsseln Nudeln gönnte, stocherte ich in meiner Schüssel herum und schaffte sie nicht mal zur Hälfte. Irgendwie war mir der Appetit vergangen. Ich legte mich anschließend hin und schlief ein bisschen. Nach ein paar Stunden wachte ich mit heftigem Herzrasen auf. Ich dachte mein Herz springt mir gleich aus der Brust. Meine Ohren klingelten und außer meinem lauten Herzschlag nahm ich wenig wahr. Kalter Schweiß brach mir aus. Als Mensch mit Typ 1 Diabetes dachte ich natürlich sofort an eine Unterzuckerung. Die Symptome waren klar. Mein gemessener Blutzucker lag bei 79 mg/dl. Seltsam. Noch etwas zu hoch für solch heftige Symptome. Vorsorglich trank ich jedoch ein paar Schlucke Saft. Der Wert stieg, aber die Symptome wurden schlimmer. Mittlerweile war mir schwindelig und ich bewegte mich sehr wackelig von A nach B. Meine Brust tat weh. Ich legte mich wieder hin und versuchte das Ganze einfach auszusitzen. Besser wurde es nicht, eher schlimmer. Irgendwann rief ich Peter an und schilderte ihm meine Probleme. Er kam nach Hause. In dem Moment als er die Tür öffnete, hatte ich das Gefühl, ein Ambos säße auf meiner Brust und ein Schraubstock würde um meine Ohren festgezogen. Peter rief den Krankenwagen. Es kamen zwei Sanitäter, die mich unter die Lupe nahmen. Mein Blutdruck war erhöht, die Sauerstoffsättigung bei 100%. Ansonsten war erstmal nichts zu finden. Dann musste ich mich plötzlich übergeben. Mein Blutdruck fiel, Sauerstoffsättigung bei 98%, das Herzrasen wurde weniger. Mir ging es deutlich besser. Man, war mir das peinlich. Ich bin normalerweise niemand, der schnell zum Arzt rennt, geschweige denn einen Krankenwagen ruft. Ich entschuldigte mich tausend Mal, dass wir anscheinend wegen Übelkeit den Rettungsdienst gerufen hatten. Mir stand es frei zu entscheiden, ob die Sanitäter mich ins Krankenhaus bringen sollten. Ich entscheid mich dazu zu Hause zu bleiben. Ich war sehr zuversichtlich, dass jetzt alles besser werden würde. Als die Sanitäter weg waren legte ich mich wieder hin und schlief erneut ein.
Krankenwagen Nr.2

Wenige Stunden später wachte ich wieder auf. Mir war übel. Relativ schnell musste ich mich erneut übergeben. Das Herzrasen kam zurück, auch der kalte Schweiß. Man sah genau, wo ich auf dem Sofa gelegen hatte, so sehr hatte ich geschwitzt. Mein T-Shirt konnte ich auswringen. Fast vier Stunden hing ich anschließend über der Schüssel. Vier Stunden ohne Pause. Relativ schnell war jedoch nichts mehr in meinem Magen, was hätte erbrochen werden können. Ich versuchte Tee, lauwarmes Wasser oder Zwieback reinzubekommen, doch man konnte die Uhr danach stellen. Kaum fünf Sekunden später kam alles, was ich runterschluckte wieder hoch. Irgendwann blieb nur noch Luft und Magensäure zurück. Mein Körper verkrampfte sich und meine Rippen knackten laut, wenn ich wieder versuchte mich zu übergeben. Mein Körper fing an zu zittern und zu zucken, meine Beine konnte ich nicht mehr kontrollieren. Da rief Peter erneut den Krankenwagen. Die Sanitäter sahen sofort, dass es mir nicht gut ging. Mein Puls und mein Blutdruck waren wieder viel zu hoch, meine Körpertemperatur viel zu niedrig.
Sie versuchten mir einen Zugang zu legen. Peter machte jede Lampe im Wohnzimmer an und die Suche nahm ihren Lauf. Bei mir eine gute – oder überhaupt – eine Vene zu finden, ist wie Lotto spielen. Sie versuchten es in der rechten Armbeuge. Nichts. Ich schlug mein rechtes Handgelenk vor „Da findet man meistens noch etwas.“ Gesagt getan, doch klappen wollte es nicht. Der dritte Versuch war mein linker Handrücken, doch auch der blieb erfolglos. „Dann müssen wir es an den Füßen probieren!“ dafür musste ich aber erstmal in den Rettungswagen. Die beiden Herren trugen mich die zwei Stockwerke nach unten. Im Krankenwagen wurde gleich erstmal ein kleines EKG gemacht. Soweit schien alles in Ordnung. „Die Werte sind wieder so, wie sei bei einer jungen Frau in ihrem Alter sein sollten“. So entschieden wir direkt ins Krankenhaus zu fahren, wo der Arzt den Zugang selbst legen konnte. Sobald der Krankenwagen losfuhr hing ich wieder über der Schüssel und meine Beine wurde fixiert, da sie unkontrolliert zitterten. Ich bekam eine Heizdecke.
Im Krankenhaus musste ich mich dann noch ein paarmal übergeben, aber sobald der Zugang gelegt war und ich etwas Flüssigkeit bekam, wurde es besser.
Es wurde ein EKG und ein Ultraschall gemacht. Blut und Urin wurde untersucht.
„Ich habe Diabetes“

Anders als früher erzählte ich dieses Mal auch gleich, dass ich Diabetes habe. Außerdem das ich einen angeboren Herz-Lungenfehler und eine Schilddrüsenunterfunktion habe und blutrucksenkende Medikamente nehme. „Welchen Typ haben sie denn? Typ 1? Ja, wie sich das gehört.“ zwinkerte mir der Sanitäter zu, während er seine Zettel ausfüllte. In dem Moment war ich über jeden auflockernden Spruch dankbar und er entlockte mir damit sogar ein Lächeln. Ich fühlte mich verstanden. Jeden Falls besser als das typische „so jung schon Diabetes?“ was ich leider auch schon öfter von medizinischem Personal hören durfte.
„Wie ist denn ihr Blutzucker gerade?“
„Ich habe vor ca. 10 Minuten gemessen, da war er bei 169 mg/dl.“
„Wir messen noch mal schnell.
190 mg/dl. Wieso ist der so hoch?“
„Das ist gerade tatsächlich beabsichtigt.“
„Wieso das?“
„Weil ich nichts bei mir behalten konnte und ich Angst vor Unterzuckerungen hatte. Dann lieber etwas höher.“
Er zog die Augenbrauen hoch. So ganz verstanden fühlte ich mich in dem Moment nicht mehr, aber was soll’s? Ich hatte andere Probleme. Ich wollte und konnte in dem Moment nicht erklären, dass ich als Kind mit Magen-Darm im Krankenhaus gelandet bin, weil mein Blutzucker nicht steigen wollte. Irgendwie habe ich davon ein leichtes Trauma und Magen-Darm + Unterzucker sind seit jeher mein purer Alptraum. Und mal ehrlich 190 mg/dl. – Das geht doch noch voll, oder?! 😀
Leider verabschiedete sich zu der Zeit auch mein Dexcom. Ich hatte ihn mittags noch verlängert und ausversehen einen falschen Code eingegeben. Der Flüssigkeitsverlust tat dann noch sein Übriges. Als mir im Krankenhaus Blut angenommen wurde lag mein Blutzuckerwert schon bei über 400 mg/dl.
„Korrigieren sie selbst?“
„Ja.“
Damit hatte sich das Thema erledigt. Ich korrigierte vorsichtig mit dem Bolusrechner der Pumpe. Den Rileylink hatte ich zu Hause gelassen. Ohne Dexcom lief Loop sowieso nicht und ich war mir nicht ganz sicher, wie die Notaufnahme reagieren würde, würde ich von einem DIY- Closed Loop faseln. Sicher ist sicher.
Stündlich fragte mich das Personal nach meinem aktuellen Wert, den ich blutig testete. Jede Stunde war er wieder um ca. 50 Punkte gefallen. Das stellte alle zufrieden. „Er soll ja auch nicht zu langsam fallen.“ Ich war positiv überrascht, wie gut man hier mit meinem Diabetes umging. Man ließ mir selbst komplett freie Hand, hatte meine Werte aber mit im Blick. Keine blöden Kommentare, keine merkwürdigen Therapieversuche – alles so, wie ich es selbst kenne.
Magen-Darm Infekt

Das EKG und der Ultraschall zeigten nichts. Bei der Urin- und Blutprobe waren lediglich meine Entzündungswerte und Nierenwerte schlechter als sonst. Deswegen wurde der ganze Vorfall als Magen-Darm-Infekt abgestempelt und ich konnte am Morgen wieder nach Hause.
Seitdem ist fast eine Woche vergangen und ich sitze noch immer zu Hause und kann kaum essen & trinken. Die ganze Magensäure, die sich ihren Weg durch meine Speiseröhre, Rachen und Mund bahnte hat ihre Spuren hinterlassen. Alles ist offen und zerschunden. Ich bin noch genervter als zuvor, denn zu meiner Zwangspause gesellt sich mittlerweile großer Hunger dazu. Die Schmerzen im Mund sind tatsächlich auch nicht zu verachten, einige schlaflose Nächte liegen hinter mir. All das zerrt natürlich an den Nerven. Und ich freue mich schon darauf, wenn ich endlich wieder normal Essen kann. Alle Zutaten für eine selbstgebackene Pizza liegen schon im Kühlschrank und ich stehe quasi geifernd davor, warte und trinke Salbeitee.

Oje du Arme, Magen Darm ist mir auch das schlimmste! Ich wünsche dir eine schnelle Besserung!
Liebe Lisa,
ich wollte mich mal erkundigen, ob du mittlerweile eine Aufklärung für diesen Zustand hast? Ich habe so ziemlich das Gleiche genau 1x im Monat und mein Arzt meint auch immer Magen-Darm. Allerdings ohne wirkliche Magen Darm Anzeichen. Bin mittlerweile echt verzweifelt von dem Zustand, der seit ungefähr 1 Jahr mittlerweile geht. Ich würde mich auf eine kurze Antwort freuen!
Hallo Tanja,
leider nicht. Bei mir ist es seitdem aber viel besser geworden und ich hatte keine Probleme mehr mit Übelkeit oder Herzrasen. Hast du schonmal dein Vitamin D und Magnesium checken lassen? Das waren so die letzten Strohhalme, nach denen ich greifen wollte, als ich keine andere Erklärung finden konnte. wurdest du schon mal bezüglich einer Gastroparese untersucht? Das sind jetzt allerdings nur ganz weite Mutmaßungen, da ich auch absolut keine Ahnung habe!
ich hoffe du findest heraus, was es ist und das es Dir sehr bald besser geht!
Liebe Grüße
Lisa
Liebe Lisa,du könntest auch Salbeibonbons lutschen,mit Olivenöl ziehen …Es gibt auch spezielle Spüllösungen für kaputte Mundschleimhaut.Das weiss ich allerdings den Namen gerade nicht.Weiter gute Besserung!