Jetzt musste ich doch gerade tatsächlich erstmal gucken, wann mein letzter richtiger Blogartikel erschienen ist. Wow, vor einem Jahr und zwei Tagen. Krass! Das war so gar nicht geplant, aber wie geht dieses eine Zitat: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist andere Pläne zu machen?“ Tja, mal wieder hat John Lennon also recht.
Dessen inspirierende Musik dudelt mir gerade sowieso ins Ohr, das Kind ist glückselig bei Oma und Opa und ich dachte mir: „Ich schreibe jetzt mal wieder!“ und kann es tatsächlich kaum erwarten. Es hat sich eine Menge angestaut. Und für mich ist es auch aus anderen Gründen wichtig wieder mehr zu bloggen. Dieselben Gründe, warum ich damals vor 7 Jahren (7 Jahre, Leute, wow!) anfing zu bloggen: Ich muss mich wieder mehr um meinen Diabetes kümmern.
Ignorieren & Verdrängen
Es gibt immer mal wieder Phasen im Leben eines Menschen mit Diabetes, in denen der Diabetes in den Hintergrund rückt- und das ist auch gut so! Aber ich bin nicht nur Meisterin im Ignorieren sondern auch im Verdrängen, was bei einer chronischen Krankheit eben eher selten gut ist.
Das Gute dieses Mal: die Technik, die ich vor über sieben Jahren noch nicht hatte. Wenigstens mein Dexcom alarmiert mich zuverlässig, wenn meine Werte zu hoch sind – also mehrmals täglich. Aber wie schon erwähnt: ignorieren und verdrängen. Ich bestätige schnell den Alarm und mit Abdunkeln des Bildschirms, verschwindet auch der Wert wieder aus meinem Kopf. War was?
Das habe ich jetzt lange genug getrieben. Zwar hatte ich dieses Mal andere- vielleicht bessere Ausreden als wie vor 7 Jahren (Diabulimie und Akzeptanzstörung), nämlich ein Baby, das sich so langsam zum Kleinkind mausert, ein Umzug, Einstieg ins Berufsleben, ein neuer Job und piep a po, aber letztendlich bleibt es eben genau das: eine Ausrede, den Diabetes immer und immer wieder beiseite zu schieben.
Eingeständnisse machen
Gerade stehe ich sogar wieder ohne Diabetologen da. Zugegeben noch nicht lange. Das Letze Mal war ich Ende September bei meiner Diabetologin in Kassel, der HbA1c-Wert mit 6,8% sogar noch recht gut, aber sicherlich mit einigen Hypos gekauft. In meiner neuen alten Heimat habe ich mich schlicht noch nicht motiviert, mir einen neuen Diabetologen zu suchen. Obwohl ich längst weiß, zu wem ich möchte. Das ich den Arzt aber persönlich kenne und mit ihm zusammenarbeite ist in diesem Fall eher kontraproduktiv. Ich muss anders als in der Arbeitswelt plötzlich meinen eigenen Diabetes zur Sprache bringen, meine Nachlässigkeit offenbaren und sicherlich einiges eingestehen. Bevor ich das vor einem Arzt tun kann, muss ich mir die Dinge erstmal selbst eingestehen. Und das konnte ich immer am besten, wenn ich darüber geschrieben habe. Mit diesem Blogeintrag melde ich mich nicht nur zurück in der Diabetescommunity, sondern hoffe auch, die ersten Schritte der Besserung in meiner eigenen Diabetestherapie anzugehen.
Meine Basalrate habe ich seit der Schwangerschaft nicht wieder angepasst. Die kann also vorne und hinten nicht stimmen. Ich regle alles über Bolus, Korrekturen und Essen. Das ist nicht besonders smart, aber es ging lange gut, bevor ich jetzt endlich dazu kam, zu sagen: „Es muss sich wirklich etwas ändern. Ich brauche Motivation das anzugehen!“
Puuh, Diabetes & Motivation, auch immer ein schwieriges Thema bei mir. Ein so langes Motivationsloch hatte ich aber schon lange nicht mehr.
Das Leben hatte mich einfach so sehr im Griff und am Ende des Tages war ich nur noch eins: Müde!
Bevor ich meine Schwangerschaftsreihe mit einem Blogbeitrag über das Wochenbett, Stillen mit Diabetes und das Mamasein mit Diabetes berichte, möchte ich euch kurz auf den neusten Stand bringen. Über Social Media habe ich schon ein paar Dinge durchblicken lassen.
was bisher geschah…
Vor zwei Monaten sind wir aus Kassel in meine alte Heimat zurückgezogen. Wir wagen das Projekt eines Mehrgenerationenhauses. Meine Eltern wohnen unten, wir haben uns die Dachwohnung fertig gemacht. Na gut, „fertig gemacht“ ist übertrieben; Wir haben es uns >gemütlich< gemacht und wollen hier in den nächsten Jahren einiges verändern.
Der treue Leser weiß, dass mir das Haus meiner Familie viel bedeutet und dass es mir wichtig war, dass es in Familienbesitz bleibt. Damit genau das passiert gab es letztendlich nur die Möglichkeit, dass wir selbst einziehen, mit dem Willen, das Haus später zu übernehmen. Eine große Entscheidung, denn es ist ein großes Haus. Peter und ich haben erst im letzten halben Jahr das Studium beendet und keine finanziellen Reserven. Ob das für ein altes Bauernhaus aus dem 16. Jahrhundert reicht? Wer weiß das schon…
Alles was wir also bisher gemacht haben, haben wir mit kleinem Studentenbudget gemacht. Das heißt, wir haben viel selbst gemacht. Von einzelnen Regalen, über meinen Schreibtisch bis hin zur Küche.Gerade das trug aber auch dazu bei, dass wir schon jetzt sagen: „Wir sind angekommen.“ Wir lieben das Landleben und können die Zukunft hier kaum erwarten, wir hoffen nur, dass unser Plan aufgeht.
Einen Tag nach unserem Umzug habe ich in meinem neuen Job angefangen,. Online Marketing Managerin bei DiaExpert. Ein Job in der Diabetesbrachne, ich könnte glücklicher nicht sein. Bauchweh hatte ich nur, weil Lotte zu diesem Zeitpunkt noch kein Jahr alt war. Aus finanziellen Gründen gab es auch hier keine andere Möglichkeit. Gerade deswegen ist es so wunderbar, dass Oma und Opa unten im Haus sind. Sie sind eine enorme Stütze und helfen uns so viel! Ohne sie wäre das alles nicht machbar.
Lotte ist mittlerweile auch kein Baby mehr, sondern ein einjähriges Kleinkind, das uns sehr auf Trapp hält. Sie erfüllt unser Leben so sehr mit Liebe und Freude, das mir oft die Worte fehlen. Und manchmal fehlen sie mir einfach aus Müdigkeit. Ich empfinde das Leben mit Diabetes, Kind, Beziehung und Beruf als enorm schwierig. Ich habe Probleme eine Balance zu finden. Zeit für mich selbst bleibt da kaum – und für den Diabetes eben noch viel weniger. Das muss ich ändern, denn ich möchte lange für meine Familie da sein können. Das ist jedoch schwer, wenn man sich selbst so oft einfach nur leer und kraftlos fühlt. Keine Energie mehr hat und am Ende des Tages stundenlang gegen eine weiße Wand schaut, weil für mehr einfach nichts drin ist.
Seid ihr dabei?
Ich sage, wie es ist: „Lisa, das geht so nicht weiter!“ Ich liebe mein Leben und bin für alles unfassbar dankbar. Ich bereue weder die Entscheidung ein Kind bekommen zu haben, noch würde ich jemals meinen Job aufgeben. Aber es ist eben auch alles viel im Moment, weil es auch alles noch so neu ist. Ich werde sicher meinen Weg finden, aber das braucht etwas Zeit. Mit diesem Blogartikel möchte ich den Anfang machen, wieder zurückzufinden. Eben nicht nur in die Diabetescommunity, sondern wie vor 7 Jahren auch, in ein aktiveres Leben mit meinem Diabetes. Ich hoffe ihr werdet mich weiterhin begleiten.
Erarehumanumest79 meint
Wow, was für eine Rückmeldung.
Sehr authentische, ehrliche Worte von großer Klarheit.
Du wirst es schaffen Job, Familie und Diabetes unter einen Hut zu kriegen und daran wachsen.
Zuckerpuppe2112 meint
Liebe Lisa,
Danke für diesen bezaubernden und so ehrlich vom Herzen raus geschriebenen Artikel.
Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächsten Schritte. Du Kannst stolz sein, wie Du alles gemeistert hast!
Grüße
Janine meint
Super schön & authentisch geschrieben. Ich fühle mit Dir und es kommt einem alles so unglaublich bekannt vor..