Ich wollte schon immer alles alleine hinbekommen. Sogar, als ich noch ganz klein war. Egal um was es ging, Lisa wollte es alleine schaffen. Auch wenn es meistens mit hilflosen „Mamaaaaa!“ Rufen endete, so hatte ich es doch versucht. Da war es eigentlich gar nicht so verwunderlich, dass ich mir nach meiner Diabetes-Diagnose mit 10 Jahren auch gleich die erste Spritze selbst geben wollte. Die Krankenschwester und meine Mutter sahen mich verblüfft an, ließen mich dann aber machen.
Egal wie selbstständig ich auch immer sein wollte und sei es mit drei, dreizehn oder dreiundzwanzig Jahren, ohne die Hilfe von den wunderbaren Menschen in meinem Leben wäre ich wahrscheinlich schon längst durchgedreht.
Der Dezember ist eine besinnliche Zeit und Weihnachten das Fest der Liebe. Deswegen möchte ich den heutigen Blogpost noch einmal den Menschen widmen, die das Leben für mich lebenswert machen. Meine Anker:
Meine Familie
Meine Eltern, Großeltern, mein Bruder und alle, die ich zu meiner engeren Verwandtschaft zählen kann, sind mir unheimlich wichtig. Nein, das ist untertrieben. Denn meine Familie ist für mich das Wichtigste in meinem Leben und das sage ich nicht einfach so, weil es gut klingt oder ein tugendhaftes Statement ist, sondern weil es wirklich so ist.
Auf meine Eltern kann ich mich immer und ohne Wenn und Aber verlassen. Dabei ist es auch vollkommen egal, worum es geht.
Meinen Papa frage ich noch heute in allen wichtigen Dingen des Lebens als erstes um Rat. Wenn Papa es nicht weiß oder kann, dann wohl niemand.
Und mit meiner Mama kann ich immer über alles reden. Ehrlich, ich glaube es gibt mittlerweile nichts aus meiner psychischen und physischen Welt, das meine Mama nicht von mir weiß. Wenn es mir nicht gut geht, dann möchte ich immer am liebsten zu ihr – noch immer. Sie ist der Inbegriff von Heimat und Geborgenheit. Mit 27 Jahren Jahren noch genau so, wie mit 7.
Meine Eltern haben mir in meinem Leben alles ermöglicht und haben mich niemals aufgegeben. Auch wenn ich ihnen während der Pubertät das Leben ganz schön schwer gemacht habe.
Als ich noch klein war, stand meine Mama mehrmals die Nacht auf, um meinen Blutzucker zu messen, damit ich durchschlafen konnte. Mir hat es nie an etwas gefehlt, aber vor allem haben sie auch immer versucht unser Leben trotz des Diabetes so normal wie möglich zu gestalten.
Jan, mein Bruder, war immer mein Vorbild. Sei es das Abitur, der Wunsch zu studieren oder mein Musikgeschmack. Ich wollte es meinem Bruder immer gleich tun und ihm bestimmt auch irgendwie imponieren.
Als meine Mama bei meiner Diabetes-Diagnose anfing zu weinen, sagte ich: „Wieso weinst du denn? Jan hat das doch auch!“ Das habe ich in dem Moment auch wirklich so gemeint. Und auch die Geschichte mit meiner ersten Spritze hat wohl eine Menge damit zutun. Denn mein Bruder musste sich die erste Spritze selbst geben. Da wollte ich natürlich genau so stark sein, wie er. Bis heute steht er mir bei Diabetes-Fragen immer sehr kompetent zur Seite. Allgemein ist es auch in der eigenen Familie ein beruhigendes Gefühl nicht alleine zu sein und zu wissen, dass es jemanden gibt, der einen versteht.
Meine beste Freundin
Seit nun mehr als 14 Jahren sind wir praktisch unzertrennlich. Auch wenn uns momentan einige Kilometer trennen, schreiben oder sprechen wir täglich. Es gibt nichts, was sie nicht von mir weiß. Und als ich 2013 ins Koma fiel, war sie es, die mich fand und den Notdienst alarmierte. Sie fuhr mit ins Krankenhaus und obwohl ich von alledem nichts mitbekam, wich sie nicht von meiner Seite. Auch sie ist mittlerweile ein echter Diabetes-Profi und weiß genau, wie der Hase läuft. Das ist wirklich beruhigend. Aber noch viel schöner ist, dass der Diabetes nie eine zu wichtige Rolle gespielt hat. Wir haben zusammen die Pubertät durchgestanden und so ziemlich alles ausprobiert, was man in diesem Alter so testet. Für sie war ich immer Lisa und nicht Lisa, die Diabetes hat. Ich kann bei ihr einfach sein, wer ich bin. Klar, gibt es auch Momente, in denen der Diabetes zwischen uns eine Rolle gespielt hat. Als wir in einer WG gelebt haben, oder eben als sie mich im Koma fand. Aber sie zeigt immer vollstes Verständnis für meine Situation, hört sich mein Gejammer an und ist für mich da. So wie ich für sie.
Mein Freund
Gerade in der letzten Zeit, war er mein persönlicher Superheld. Als das Wertechaos überhand nahm und ich mit Angstzuständen zutun hatte, war er immer für mich da. Er nahm mich in den Arm und machte Atemübungen mit mir. Er fuhr mich zu Uni, zu meinen Terminen und holte mich auch wieder ab. Er begleitet mich zu Diabetes-Schulungen und Terminen und ist immer ganz interessiert an meinem anderen Begleiter. Mittlerweile diskutieren wir sogar schon zusammen: „Glaubst du, das sind 6 BE? Würdest du die Basalrate hochsetzen? Soll ich den Bolus verzögern?“. Ich fühle mich nie allein gelassen und das beste: Auch er macht sich nicht all zu viel aus unserer Situation.
Lange Zeit hatte ich vor meinem ersten Krampfanfall in seinem Beisein große Angst. Ich dachte immer, wenn er sieht wie so ein Krampfanfall wirklich aussieht, dann verlässt er mich. Diese Gedanken waren natürlich völliger Quatsch. Mittlerweile hat mein Freund so eine Situation schon miterlebt und war in diesem Moment der perfekte Ersthelfer. Zwar hat er nun etwas mehr Respekt vor Unterzuckerungen, sieht das Ganze aber auch als Ansporn noch mehr zu lernen und mir noch besser unter die Arme zu greifen. Was soll ich dazu bloß sagen? Ich bin überglücklich diesen Menschen gefunden zu haben und kann manchmal gar nicht glauben, dass er wirklich zu mir gehört.
Mein Hund
Meinem Hund ist der Diabetes natürlich vollkommen egal. Wobei – vor vielen Jahren gab es eine Situation, die ich euch bei dieser Gelegenheit nicht vorenthalten möchte: Ich saß gerade in meinem Kinderzimmer auf der Bettkante und bereitete meinen Pen vor, als mein Hund freudig ins Zimmer stürmte, um mir einen guten Morgen zu wünschen. Als er die Nadel auf meinem Pen sah, blieb er abrupt stehen und rannte davon. Ich musste unheimlich lachen. „Leider“ ist das nur ein mal passiert, deswegen weiß ich nicht, ob es wirklich an der Pennadel lag. Aber anders kann ich es mir einfach nicht erklären. Mein Hund bringt mich auf den Boden. Egal wie schlimm der Tag war, oder wie schlecht es mir geht. Er schafft es immer mich zu beruhigen und mich wieder zum Lachen zu bringen. In diesen Momenten spielt der Diabetes einfach überhaupt keine Rolle mehr und ich kann einfach mal abschalten.
Meine Freunde
Ein ganz wichtiger Punkt ist auch, dass ich von all meinen Freunden, Bekannten und den meisten Schulkameraden nie anders behandelt wurde als andere. Zwar wusste jeder von meinem Diabetes, aber ich hatte nie das Gefühl, dass sich jemand darüber große Gedanken machte. Klar, das Blutzuckermessen und Spritzen waren spannende Sachen, aber wenn es dann vorbei war, gab es auch blitzschnell wieder andere Themen. Wir haben gefeiert, tranken Alkohol und rauchten Zigaretten, machten Nächte durch, waren auf Konzerten, Festivals und Freizeiten. Es gab nichts, was ich nicht tun konnte und für alle war ich immer einfach nur Lisa. Lisa, die zwar Diabetes hat, aber nie eine Sonderbehandlung benötigte. Ich kann sein, wer ich bin. Ich muss mich nicht verstellen, etwas verheimlichen oder gar Rücksicht nehmen. Auch nimmt niemand zu viel Rücksicht auf mich, sodass ich mich unwohl fühle. Genau das liebe ich so sehr an meinen Freunden.
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