Mein letzter Post über die Wahrnehmung und Gefühle nach einer starken Unterzuckerung (Nach der Hypo im Paralleluniversum) hat viele Menschen erreicht. Von einigen habe ich erfahren, dass es ihnen genau so ergeht. Das beruhigt mich wirklich sehr, ich danke Euch allen dafür. Jetzt weiß ich, dass diese Gefühle, auch wenn sie alles andere als schön sind, normal sind.
Für uns alle hoffe ich natürlich, dass so etwas so selten wie möglich vorkommt. Einige erzählten mir auch, dass sie nach 40 Jahren Diabetes noch keine schwere Unterzuckerung hatten. Das ist mehr als wünschens- und erstrebenswert und macht mir Mut, dass solche Unterzuckerungen nicht sein müssen.
Bei mir waren sie ja eine Zeitlang so normal, wie der Quartalsbesuch beim Diabetologen.
Durch den Post und eure Kommentare habe ich mich noch mal genauer mit dem Thema „schwere Unterzuckerungen“ beschäftigt. Ich selbst habe da nämlich noch eine weitere Theorie, die ich euch vorstellen möchte. Aber dazu am Ende mehr.
Unterzuckerungen werden häufig in drei Stadien unterteilt.
- Die leichte Unterzuckerung
- Die mittelschwere Unterzuckerung
- Die schwere Unterzuckerung*
Für mich ist der Übergang von einer leichten zu einer mittelschweren Unterzuckerung jedoch sehr schwammig. Das nimmt sich nicht viel und kippt auch oft in Sekundenschnelle.
Unter der leichten Unterzuckerung fasst man Symptome wie: Schweißausbrüche, leichte Konzentrationsstörungen, Heißhunger und Herzrasen.*
Die mittelschwere Unterzuckerung soll sich nun durch Sehstörungen, starke Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit und starkes Zittern äußern. *
Wie ist das bei euch?
Wie schon gesagt, finde ich diese Unterteilung hart. Denn in der Realität kommt oft alles zusammen oder ein Symptom der hier beschriebenen leichten Unterzuckerung und eins der schweren. Meiner Meinung nach sind die Grenzen hier verwischt.
Und wenn ich eine Unterzuckerung habe – dann habe ich eine Unterzuckerung und beschäftige mich nicht damit, in welchem Stadium sie sich befindet.
Eingreifen
Das Wichtigste hier ist erst mal etwas zu essen. Wenn ihr euch noch nicht genau sicher seid, ob es wirklich eine Unterzuckerung ist oder vielleicht etwas anderes – wie z.B. Aufregung, solltet ihr dennoch erst mal etwas zu euch nehmen. Dann solltet ihr den Blutzucker messen. So wurde es mir zumindest immer beigebracht. Waren die Symptome falsch gedeutet, könnt ihr das Essen immer noch weg spritzen. Aber lieber so, als zu spät zu reagieren.
Mir wurde mal gesagt, das Blutzuckermessen in so einer Situation ist verlorene Zeit. In der Zeit, wo ihr euren Zucker kontrolliert, könnt ihr noch weiter abfallen. Deswegen: Immer vorher schon eine Kleinigkeit essen.
Schwere Unterzuckerungen
schwere Unterzuckerungen definiert man durch das Verlieren des Bewusstseins. Oft kann es hier auch zu Krampfanfällen kommen.
Im bewussten Zustand kann es bei einigen Patienten wie bei einem Schlaganfall zu Sprach- und Sehstörungen und zu Halbseitenlähmungen kommen. Die Symptome der schweren Unterzuckerung sind zentralnervös bedingt, denn das Gehirn wird nicht mehr ausreichend mit Zucker versorgt.
In jedem Fall benötigt ein Diabetiker in diesem Stadium die Hilfe anderer Menschen, er kann sich selbst nicht mehr aus diesem Zustand heraushelfen. *
Außerdem führen sogar bis zu 10% aller schweren Unterzuckerungen zum Tod. **²
Ursachen
Zu geringe Kohlenhydratzufuhr
Entweder durch zu wenig Essen oder auch durch einen zu langen Spritz-Ess Abstand. Das Insulin wirkt bereits, während man noch gar nichts gegessen hat.
Alkoholkonsum
Dieser sorgt im Körper dafür, dass die Leber so sehr mit dem Abbau von Alkohol beschäftigt ist, dass sie keinen Zucker ausschüttet. Die normale Abwehrreaktion bei Unterzuckerungen. Irgendwann reagiert die Leber. Hier jedoch nicht.
Deswegen kann es wirklich gefährlich werden viel Alkohol zu trinken. Ist die Unterzuckerung so stark, dass man sein Bewusstsein verliert, kann es dazu führen, dass man sehr lange Zeit, oder gar nicht mehr aufwacht. Denn die Leber schüttet keinen Zucker aus und auch zugeführter Zucker wird nicht freigesetzt, da die Leber so beschäftigt ist.
Deswegen seid beim Feiern immer vorsichtig. Spritzt nicht für alkoholische Getränke, sonden esst lieber noch eine Kleinigkeit dazu. Mehr lesen
Körperliche Aktivität
Das Sport zu Unterzuckerungen führt, weiß wohl jeder von uns. Beim Sport braucht der Körper Energie und diese zieht er aus dem vorhandenen Zucker. Ergo: unser Blutzuckerspiegel sinkt.
falsche Insulindosierung
Wer verschätzt sich nicht hin und wieder mal beim Essen? Das passiert schnell und schwubs- ist zu viel Insulin im Körper. Mehr als das Essen abdeckt.
Kommen wir nun zu meiner versprochenen zusätzlichen Theorie.
Ich glaube, dass es, besonders bei starken Unterzuckerungen, noch eine Ursache geben kann.
Nämlich:
Aufregung oder emotionaler Stress.
Bei den meisten meiner starken Unterzuckerungen lag ein Tag voller Aufregungen hinter mir.
Meine erste starke Unterzuckerung hatte ich nach meinem ersten Flug mit einem Flugzeug. Ich hatte panische Angst und wollte gar nicht mitfliegen. Ich weinte sogar vorher.
Am Boden angekommen, als alle Angst von mir abflog, dauerte es noch eine gute halbe Stunde bis ich das Bewusstsein verlor.
Letztes Jahr im September fuhr ich mit meinem Freund und zwei Freunden für einen Tag nach Amsterdam (Amsterdamm und schwere Hypo). Wir hatten einen schönen Tag, liefen durch Amsterdam, gingen etwas essen und besuchten Museen.
Ich erklärte mich dazu bereit, die Fahrt nach Hause anzutreten.
Autofahren stresst mich manchmal sehr leicht. Besonders wenn ich durch so große Städte wie Amsterdam kurven muss. Dazu kam, das es Nacht war und ich extrem nachtblind bin. Diese fast vier stündige Autofahrt war also reinste Anstrengung und Aufregung für mich.
Auch hier fiel, zu Hause angekommen, jede Nervosität von mir ab. Eine gute halbe Stunde später fing ich im Bett an zu krampfen.
Das nächste Mal war gleich einen Monat später. Mein Opa starb und es war der Tag seiner Beerdigung. Das alleine sollte schon Aufregung genug gewesen sein. Allerdings konnte mein Freund nicht kommen und ich musste diesen Tag alleine durchstehen. Klar, war meine Familie da. Aber alle in zweier Pärchen. In der Kirche auf der Bank, beim Hinausgehen hinter dem Sarg und schließlich am Grab, stand ich alleine da. Das stresste mich nur noch mehr und ich war auch sauer – Gott war ich sauer! Zu Hause kehrte also keine Ruhe ein. Ich ließ meine Wut und meinen Stress natürlich an meinem Freund aus und stritt mich mit ihm. Per SMS. Gelungener Tag.
Als ich an diesem Abend ins Bett ging, war ich wirklich fertig. Und zack – passierte es in der Nacht wieder.
Irgendwann wachte ich einfach auf. Anstatt in meinem Bett, lag ich im Hausflur.
Ich vertrete also mittlerweile die Meinung, dass auch solche Dinge eine Rolle spielen. Aufregung und Stress.
Vielleicht liegt es auch nur daran, dass alle diese Tage auch körperliche Anstrengung für mich bedeuteten. Aber ich kippe ja auch nicht jedes Mal nach dem Sport um. Da eigentlich noch nie.
Wie ist das bei denjenigen von euch, die selbst schon mal umgekippt sind? Könnt ihr bei euch ein Muster feststellen?
Oder ist jemand nach einem aufregenden Erlebnis auch schon mal umgekippt?
Eure
Quellen: *http://www.doktorkarl.de/lexikon/inlets/inlethypogluc.html und *²http://www.diabsite.de/aktuelles/nachrichten/2009/091027c.html
Alexander meint
Danke für deinen Beitrag.
Ich hatte leider schon schwere Unterzuckerungen und kenne die Symptome.
Ich habe seit über 20 Jahren Diabetes Typ 1, seitdem ich 5 bin.
Ich hatte vorgestern eine Hypo, bei der ich nachts aufgewacht bin, schweißgebadet und extrem schwach. Ich habe sofort etwas gegessen und den Blutzucker gemessen. Leider fühle ich mich immer noch recht schwach. Manchmal braucht man wirklich einige Tage, um sich davon zu erholen.
Tim meint
Diese Unterteilung in „leichte“ und „mittelschwere“ Hypos anhand von Symptomen finde ich eigentlich völlig sinnlos. Hypo-Symptome sind doch höchst individuell. Bei mir z. B. kommen zuerst Händezittern, komisches Gefühl, schwache Beine – und dann erst bei tieferen Werten Schweiß. Das passt also überhaupt nicht zu dieser Einteilung. Manchmal merke ich die Hypo auch nur durchs Messen und die Symptome kommen erst, wenn der Blutzucker wieder hoch geht. Was wäre denn dann mit der Einteilung nach Symptomen? 😉
Ich halte da die Einteilung der DDG in „milde“ (= selbst behandelbare) und „schwere“ (= mit Fremdhilfe) Hypos für wesentlich sinnvoller.
Eine schwere Hypo hatte ich selbst – zum Glück – noch nicht. Aber deine Theorie klingt durchaus plausibel.
Ich muss gestehen: Bei Hypos halte ich mich nicht wirklich an die Vorschriften. Ich messe zuerst und esse dann. Ich merke Hypos zum Glück noch früh genug (so ab 70 mg/dl), komme dann schnell wieder hoch und habe keinen „Hypo-Hangover“ oder eine hohe Gegenregulation.
Außerdem esse ich immer nur eine schnelle BE – das reicht bei mir. Wenn ich, wie immer empfohlen wird, noch eine langsame BE hinterher essen würde, wäre ich sofort wieder bei mindestens 150 mg/dl…
Kerstin meint
Gut geschrieben. Die Differenzierung der Symptome in Stadien der Hypos finde ich auch sehr schwierig da ich meistens Symptome aus beiden Stadien habe.
umgekippt bin ich bislang noch nicht. Zum Glück.