Disclaimer: Ich betreibe das DIY-Closed Loop System auf eigenes Risiko. Meine Ausführungen sind auf keinen Fall als Therapieempfehlung zu verstehen und sollten nicht nachgemacht werden.
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*Werbung: Dieser Beitrag enthält unbeauftragte Markennennung
Während meiner Jugend bestand mein Leben eigentlich nur aus drei Dingen: Schule, Partys und Konzerte/Festivals. Meiner Lieblingsband bin ich fast überall hin gefolgt und einen Sommer lang machte ich eine komplette Tour mit. Auch Festivals wurden dabei natürlich nicht ausgespart- es wurde mitgenommen, was ging.
Ich würde also behaupten, dass ich ein paar Erfahrungen mit Diabetes auf Konzerten/ Festivals sammeln konnte. Deswegen möchte ich Tipps für die geben, denen das erste Konzert nach der Diagnose noch bevorsteht. Aber auch für alle anderen eine Diskussions- und Austauschplattform bieten, denn: Man lernt nie aus. Auch nicht bei Diabetes oder Konzerten.
Vor dem Konzert/Festival
Vorher wird natürlich die Tasche gepackt. Sei es nun für einen Konzertabend oder mehrere Tage Festival-Aktion. Mittlerweile fahre ich nicht einfach los und pfeife auf alles, was ich eben nicht dabeihabe. Mit dem Alter wird man einfach ein bisschen verantwortungsbewusster, ihr kennt das. Zwar mache ich jetzt auch kein großes Tamtam darum, was alles mitmuss, aber das ein oder andere Spezialgepäck haben wir Menschen mit Diabetes dann ja doch. Sich das einmal bewusst zu machen, schadet auf jeden Fall niemandem.
Packliste für Konzerte
Zuallererst darf natürlich die Konzertkarte und ein bisschen Geld nicht fehlen. An solchen Abenden gönne ich mir eben auch gerne mal etwas. Sei es ein Bier, eine Bretzel oder ein neues Band T-Shirt. Ich möchte eine gute Zeit haben und mir alle Möglichkeiten offenlassen. Falls die Hypohelfer mal zur Neige gehen, ist Geld natürlich sowieso unabdingbar.
Der Ersatzkatheter ist sowieso meistens in meiner Tasche, falls ich mir den Katheter mal herausreißen sollte. Oft ist es zwar noch nicht passiert, aber ich bin einfach lieber abgesichert. Auch die Blutzuckermessgerättasche ist nur als Back-up dabei, da ich eigentlich ein rtCGM trage. Für einen Abend ist das zwar absolut ausreichend, aber auch die Blutzuckermessgerättasche ist immer mit dabei. Sie beinhaltet aber zusätzlich noch eine Batterie für die Pumpe sowie Insulin und eine Spritze/einen Pen. Nur für den Fall, dass die Pumpe mal den Geist aufgibt. Das allerdings ist mir auch noch nie passiert. Also auch hier wieder: ein reines Sicherheitsgefühl.
Meine Hypohelfer sind in Form von Traubenzucker, Müsliriegel oder Gummibären in der Tasche. Früher hatte ich auch manchmal Trinkpäckchen dabei. Bei dem Punkt „Die Einlasskontrolle“ erkläre ich euch, warum ich mittlerweile nur noch feste Hypohelfer dabeihabe.
Die Powerbank inklusive Kabel ist erst neu dazugekommen. Ich brauche sie für mein selbstgebasteltes Closed Loop System. Der Rileylink, der das Funksignal der Pumpe in ein Bluethootsignal umwandelt, braucht öfter mal neuen Saft. Auch zieht der Loop ganz schön an meinem Handyakku. Wenn man dann noch hier und da mal ein Foto macht und den ganzen Tag unterwegs ist, muss die Powerbank leider mit. Das Smartphone habe ich gerade schon erwähnt. Ich brauche es nicht nur, um ein nettes Foto zu schießen, sondern mittlerweile auch für mein DIY-Closed Loop System. Viele von euch nutzen ihr Smartphone sicherlich auch, um ihre rtCGM-Daten zu empfangen.
All das packe ich in eine kleine Umhängetasche, die man gut verschließen kann, denn ich bin meistens jemand, der relativ vorne im Gedränge steht und auch bei Pogos oder Moshpits nicht ganz abgeneigt ist. Je nach Musik reicht oft auch ausgelassenes Tanzen und Feiern. Mein Zeug soll deswegen gut geschützt sein. Ich achte darauf, dass die Tasche bei dem ganzen Inhalt möglichst klein ist, dann geht das schon klar und stellt auch bei größerem Geschubse und Gefeiere kein Problem dar. Oder die Tasche wird kurz meiner Begleitung in die Hand gedrückt.
Wenn ihr vorhabt den ganzen Abend in der ersten Reihe zu stehen, fragt mal nett einen der Ordner. Nicht selten sind diese sogar so kulant, dass ihr euren Rucksack/eure Tasche vor der ersten Reihe unter der Absperrung ablegen dürft.
Bei Festivals, die meistens über mehrere Tage gehen, ist die Packliste natürlich etwas länger. Im Prinzip ist es erstmal derselbe Inhalt, nur in mehrfacher Ausführung. Die folgende Packliste habe ich dabei, wenn ich auf ein drei-tägiges Festival gehe:
Packliste für Festivals
Meistens fahre ich selbst mit dem Auto zu dem Festival. So kann ich auf jeden Fall eine komplette Notfallausrüstung im abgeschlossenen Auto auf dem Parkplatz lassen. Das ist wohl die paranoideste, aber eben auch sicherste Variante. Wenn kein Auto vorhanden ist oder ihr eure Notfallsachen lieber näher bei euch habt, dann lagere ich sie entweder in einer kleinen Kühlbox im Zelt, das ich mit einem Schloss verschließe, oder ich verbuddel eine Brotbox leicht unter dem Zelt. Da bleibt alles kühl und niemand findet es.
Da es bei Festivals oft dreckig wird, man den ganzen Tag auf den Beinen ist und sich sicherlich auch viel im Gedränge bewegt und feiert, muss ich Sensoren und Katheter doppelt und dreifach fixieren. Dafür habe ich dann genügend ScinTac und Fixierungstape dabei. Zu Desinfektionsmittel- oder Tüchern würde ich euch sowieso raten. Egal ob Diabetes oder nicht. Festivals können wirklich seeeehr dreckig sein. Was auch okay ist, denn das ist dieser berühmte Festivalflair!
Auch wenn ich sie noch nie benötigt habe, habe ich in diesem Fall auch Keto-Teststreifen dabei, genauso wie den Empfänger meines rtCGM-Systems, obwohl ich sonst nur mein Smartphone verwende.
Aber nicht nur für den Diabetes sollte gesorgt sein. Festivals sind Ausnahmesituationen, da wird vielleicht mal etwas mehr Alkohol getrunken oder auf die gesunde Ernährung gepfiffen. Das ist absolut okay. Für jeden möglichen Fall habe ich deswegen gerne auch Medikamente gegen Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Unwohlsein etc. dabei. Frühzeitig nach Hause zu gehen ist für mich nie eine Option.
Außerdem habe ich bei Festivals immer irgendwas an mir, dass auf meinen Diabetes schließen lässt. Sei es eine Notfallkarte in der Tasche, ein Notfallarmband- oder Kette, oder auch ein temporäres Tattoo, wie die von pep me up. Bei mir kann es auch mal vorkommen, dass ich betrunken verloren gehe. Wie das eine Jahr, in dem mich nach dem ersten Abend der komplette Zeltplatz mit Vornamen kannte inkl. all meiner Tattoos. Ich erinnerte mich an nichts und wunderte mich nur, dass mich auf dem Weg zum Konzertgelände immer so viele Menschen grüßten und meinen Namen riefen. Aber das ist eine andere Story 😀
Um alles gut und sicher zu verstauen, habe ich meistens alle Möglichkeiten mit dabei. Damit ich mich nach Lust, Laune und Wetter entscheiden kann, wie ich mein Zeug den Tag über mit mir herumtrage. Am liebsten habe ich meine Pumpe etc. einfach in der Hosentasche. Den Rest dann in einer kleinen Bauchtasche, die man auch mal unter den Klamotten verstecken kann. Aber auch Rucksäcke und Unterwäsche mit extra Fächern für Pumpe und Co sind natürlich sehr praktisch. Da muss jeder seine Vorliebe finden.
Nice to have bei Konzerten und Festivals sind auch eure Freunde, die Bescheid wissen und die euch im Notfall helfen können.
Die Einlasskontrolle
Ehrlich gesagt hatte ich nur ein einziges Mal eine wirkliche Auseinandersetzung. Meistens interessieren sich die Menschen nicht für meinen Diabetes-Krempel. Wenn jemand nachfragt, erkläre ich die Situation und dann ist alles klar.
Nur das eine Mal wollte mir die Ordnungs-Dame meinen Pen abnehmen. Sie wollte, dass ich meinen Pen bei den Sanis lasse und ihn mir hinterher wiederhole. Zwar wäre ich deswegen sicherlich nicht gestorben, aber ich fand das ein Eingreifen in mein Persönlichkeitsrecht und WOLLTE meinen Pen einfach nicht abgeben. Warum auch? Sie holte ihren Chef und ich erklärte erneut, dass es sich um einen Insulinpen handelt, den ich benötige. Dem Chef war die Sache dann sichtlich unangenehm und ich durfte selbstverständlich mit meinem Pen auf das Konzert gehen.
Probleme gibt es auch immer wieder mit Getränken. Deswegen versucht hier tatsächlich nur Getränke in Tetrapacks mitzunehmen – und nicht mehr als 500ml. Damit solltet ihr in der Regel durch die Einlasskontrolle kommen. Falls doch mal jemand nachfragte, reicht auch hier meistens eine Erklärung. Ich hatte aber keine Lust mich jedes Mal zu erklären, deswegen bin ich irgendwann einfach auf „feste“ Hypohelfer umgestiegen. Eine Handvoll Gummibären ist im Gedränge sowieso viel schneller in den Mund gestopft, als erstmal ein paar Minuten an dem Päckchen zu nuckeln.
Weitere Vorbereitung
Festivals und Konzerte sind wie Sport. Klar, hier wird viel Energie verbraucht. Wie euer Körper bei mehr Bewegung reagiert, wisst ihr selbst am besten. Es kann aber auf jeden Fall nicht schaden genug Hypohelfer am Mann bzw. der Frau zu haben und den Blutzucker hin und wieder im Blick zu haben. Auch kann es sehr von Vorteil sein, vorher eine Kleinigkeit zu essen/ zu trinken und einen verringerten oder gar keinen Bolus abzugeben, damit euer Startwert etwas höher ist. Auch eine reduzierte Basalrate kann hier gut zum Einsatz kommen.
Während des Konzertes/Festivals
Hier habe ich nur zwei Regeln:
Diabetes und Alkohol
Auch ich trinke auf Festivals und Konzerten manchmal etwas Alkohol. Gut, auf Konzerten weniger, denn ich möchte Musik und Stimmung gerne im vollen Bewusstsein einfangen und genießen. Auf Festivals, wenn die Shows abends gelaufen sind, kann es aber auch bei mir mal ordentlich ausarten. Damit dieser Beitrag aber nicht komplett den Rahmen sprengt, verzichte ich hier auf eine genaue Erklärung und verlinke euch stattdessen diesen Beitrag von mir in der Blood Sugar Lounge über Diabetes und Alkohol. Es ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Thema, also informiert euch genauer, wenn ihr unsicher seid oder euer Wissen auffrischen wollt.
Außerdem findet ihr in der Lounge einen weiteren Beitrag von mir über Festivals. Hier bin ich bei der Packliste sogar noch weiter ins Detail gegangen.
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