Auch in diesem Jahr geht die Diabetes Blog Woche in eine neue Runde. Heute, am ersten Tag, sehe ich mich direkt mit einem, für mich, schwierigen Thema konfrontiert: „Heilung – was bedeutet sie und was nicht?“
Ich könnte es jetzt ganz kurz machen: Eine Heilung bedeutet für mich persönlich nur der einzige Umstand, dass mein Körper selbstständig Insulin produziert und meinen Blutzucker von alleine im Rahmen hält. Ich selbst muss mich um nichts kümmern, was damit zutun hat.
Eine Heilung bedeute für mich nicht: Irgendwelche Geräte an oder in meinem Körper zu haben, regelmäßig zum Arzt zu gehen, die Gerätschaften zu warten oder zu überwachen. Eine Heilung bedeutet für mich kein smartes Insulin zu spritzen oder alle paar Wochen mal ein Medikament einzunehmen.
Damit meine ich allerdings die Wortdefinition von Heilung. Trotzdem könnte sich das ein oder andere wie eine Heilung anfühlen – auch wenn es streng genommen keine ist.
Keine Lust auf falsche Hoffnung
Seit fast 30 Jahren höre und lese ich immer mal wieder davon, dass nun DER Schritt in die richtige Richtung erfolgt ist und dass man nun KURZ vor der Heilung stehe. Tja, 30 Jahre später stehen wir eben immer noch genau so kurz vor der Heilung wie damals. Das ich solchen Meldungen deswegen kaum bis gar keine Glaubwürdigkeit mehr beimesse sei mir verziehen. Ich möchte mich nur nicht an jedem noch so kleinen Strohhalm klammern und von Hoffnung zu Hoffnung leben, die früher oder später sowieso wieder zerschlagen wird. Habe ich einfach nicht nötig. So schlimm ist das Leben mit Diabetes dann doch nicht. Dann genieße ich lieber meine Zeit, habe Spaß, mache alles, was ich machen kann – und das ist eine Menge und gucke voller Vorfreude auf das, was kommen mag.
Der eigene Körper vs. Technik
2015 sagte ein Arzt zu mir, dass er nicht an eine Heilung von Typ 1 Diabetes im biologischen Sinne glaubt. Aber die Technik sei irgendwann so weit, dass es für uns doch wie eine Heilung sein könnte. Damit hat er vielleicht gar nicht so unrecht. Auch wenn ich natürlich trotzdem tief in mir drin weiter hoffe, dass irgendwas passiert, damit mein Körper auch ohne technische Geräte funktionieren kann, wie ein stoffwechselgesunder Körper. Aber ich mache mich eben nicht verrückt. Es kommt was kommt und solange mache ich eben das Beste daraus. Und das ist gar nicht so übel. Unter anderem auch, weil die Technik uns schon heute einiges vereinfacht.
Frag mich nicht nach meinen Wünschen, wenn du eine kurze Antwort willst.
Versteht ihr, warum ich die Frage nach Wünschen für meine Diabetes- Zukunft nicht sonderlich gut leiden kann? Ich habe immer das Bedürfnis all das genau so zu erklären! Es ist einfach, sich in solchen Momenten eine Heilung zu wünschen. Ist es nicht auch das, was quasi als Antwort erwartet wird? Zumindest von Außenstehenden. Aber so einfach ist es eben nicht.
Vor ein paar Wochen hatte ich ein nettes Gespräch mit Sascha von Zuckerjunkies, der am Ende seines Podcast immer drei Fragen für seinen Gesprächspartner übrighat. Eine der Fragen war:
„Wenn dir im Wald eine Fee begegnet und du könntest dir drei Sachen in Bezug auf deinen Diabetes wünschen, was wäre das? Ihn wegwünschen geht allerdings nicht!“
In solchen Momenten denke ich immer wieder an die Aussage des Arztes. Ich wünschte mir also im Gespräch mit Sascha einfach eine noch bessere und sichere Technik. Banal ausgedrückt: das perfekte closed-loop-System. Das war’s. Kein weiterer Wunsch.
Sascha musste lachen: „Ich frage das wirklich jeden und ich sage dir eins: Keiner hat bisher die drei Wünsche voll bekommen. Andere bemitleiden uns vielleicht manchmal „die armen Menschen mit Diabetes“. Aber Fakt ist, dass wir nicht einmal drei Wünsche zusammen bekommen.“ Das ist mir sehr nachdrücklich im Gedächtnis geblieben. Denn das ist genau das, was ich oben meinte: Eine Heilung wäre cool, sicherlich. Kaum einer würde da wohl „nein“ sagen. Aber uns geht es auch nicht so schlecht, dass wir jeden Tag nur überstehen, weil uns die Hoffnung auf Heilung bleibt. Ich denke nicht jeden Tag über Heilung nach. Ich nehme es, wie es ist und wenn Typ 1 Diabetes eines Tages heilbar wäre, wäre das großartig! Bis dahin mache ich mich aber nicht verrückt und mache das Beste aus allem, was das Leben so zu bieten hat und freue mich über jeden technischen Fortschritt, der mir das Leben etwas angenehmer und einfacher gestalten lässt.
Antonia meint
Ein richtig toller Beitrag Lisa! Ich finde ihn super und sehe es tatsächlich sehr ähnlich wie du. Liebe Grüße, Toni