Das erste Trimester ist geschafft, die ersten 14. Wochen habe ich hinter mir. Heute möchte ich erzählen, wie es mir in diesen ersten Wochen ergangen ist.
Viele von euch haben gemerkt, dass auf meinem Blog einige Zeit nicht wirklich etwas los war. Das lag tatsächlich daran, dass mir die Schwangerschaft zu schaffen gemacht hat.
Zu Anfang…
Schon in Madrid Ende Februar fing dieses Unwohlsein an. Ich hatte permanent Bauchschmerzen und einen tierisch aufgeblähten Bauch, sodass ich meine Hosen kaum zubekam. Ich schob das damals noch alles auf die aufregende Zeit und den Stress in Madrid. Als ich zu Hause dann den positiven Schwangerschaftstest machte, konnte ich mir dieses seltsame Gefühl und die Bauchschmerzen schon besser erklären. Ich weiß gar nicht genau, wie ich es richtig beschreiben soll. Mein Körper fühlte sich einfach seltsam an, irgendwie anders und ich fühlte mich seit Wochen unwohl und deplatziert. Als sei ich gar nicht richtig ich. Mit dem Bestätigen der Schwangerschaft hatte ich endlich eine Erklärung für alles und ich war mir fast sicher, dass ich die neuen Gefühle nun einordnen könnte und sie deswegen bald auch verschwinden würden. Doch das passierte nicht. Dieses seltsame Körpergefühl blieb. Hinzu kamen dann auch immer mehr Schwangerschafts-Wehwehchen. Ich nenne sie bewusst Wehwehchen und nicht „Probleme“, denn es gibt gewiss Schlimmeres.
Mentaler Stress
Zu allererst kamen mit dem positiven Schwangerschaftstest natürlich eine Menge Gefühle. Besonders Angst hatte ich oft und viel in den ersten Wochen. Angst dem Baby zu schaden, Angst, dass mein Start-HbA1c-Wert von 7,5% schon die ersten Schäden verursacht haben könnte, Angst vor dem, was auf mich zukommt: körperlich emotional, finanziell, organisatorisch. Mir wurde bewusst, dass sich mein Leben nun komplett ändern würde. War ich dazu bereit? Ich war mir nicht sicher. Verdienen wir überhaupt genug Geld für ein Baby, was ist mit Peters Studium, finde ich als Berufseinsteiger nach der Geburt eine vernünftige Arbeit, wie wirkt sich all das auf die letzten organisatorischen Züge meines eigenen Studiums aus? Reicht unsere Wohnung, der Platz, den wir haben? Was müssen wir alles besorgen und kaufen und wie kümmert man sich überhaupt um ein Baby? Meine Gedanken überschlugen sich. Mein größtes Glück war wohl, dass meine beste Freundin im letzten Jahr ihr erstes Kind bekam und ich somit Zugang zu unheimlich viel Erfahrung und Wissen hatten. Ich sog alles in mich auf, las alles, was mir vorgeschlagen wurde und kam direkt zum nächsten Problem:
Informationen und Wissen in der Schwangerschaft
Man bekommt nicht nur von erfahrenen Freunden, Bekannten und Verwandten viele hilfreiche Tipps, sondern auch von Ärzten. Trotzdem liest man auch selbst eine Menge. In Büchern, Zeitschriften, Magazinen und im Internet. Besonders bei dem letzten weiß man aber nie, ob das, was man liest auch wirklich stimmt. Da liest man dreimal hintereinander, dass das eine völlig in Ordnung ist und auf der vierten Seite bringst du dein Baby damit in Sekundenschnelle um. Unsicherheit ist neben der Angst wohl das Gefühl, was die meisten werdenden Mütter kennen. Auch ich war am Anfang einfach permanent verunsichert und überfordert. Was tut dem Baby gut, womit schade ich ihm? Man möchte ja nichts falsch machen. Ich habe mich immer nur von Arzttermin zu Arzttermin gehangelt und immer gehofft, dass alles okay ist. Und bisher war auch immer alles okay und meine Angst und Unsicherheit schien fast unbegründet. Trotzdem ist es absolut normal, dass man diese Gefühle empfindet.
Hormone ahoi
Aber so eine Schwangerschaft wird nicht nur von Angst und Unsicherheiten beherrscht. Genauso oft freut man sich auf dieses Abendteuer und das was einem bevorsteht. Man kann es kaum abwarten und ist voller Freude, Motivation und Liebe. Ein Auf und Ab der Gefühle eben, auch das ist ganz normal! Peter und ich sind seitdem gefühlt noch mehr zusammengewachsen, obwohl ich schon vorher immer behauptet hätte, dass das kaum möglich ist. Ich bin noch viel anhänglicher als vorher und ihn macht es nach wie vor nichts aus, er reagiert mit gleicher Anhänglichkeit. Wir verbringen jede Minute, die wir haben zusammen und reden über die bevorstehende Zeit. Wir planen und versuchen alles unter einen Hut zu bekommen und so gut es geht zu organisieren. Dabei haben wir bisher kein einziges Mal gestritten, sondern waren wirklich immer voller Harmonie. Gefühlt war ich nie verliebter als gerade. Auch bei Peter kicken die Hormone rein und er hat mit der ganzen Situation schon weitaus mehr Frieden geschlossen als ich. Er gibt mir Halt, Mut und bestärkt mich. Cremt jeden Tag meinen Bauch ein, weil ich es nicht über mich bringe, kocht für mich redet mir gut zu und nimmt mich in den Arm, wenn ich mal wieder einem Nervenzusammenbruch nahestehe.
Die körperlichen Wehwehchen
Alles fing, wie gesagt mit Bauschmerzen an. Ich hatte einen unglaublichen Blähbauch und alles hat sich irgendwie unwohl angefühlt. Schon ab da trug ich fast nur noch Jogginghose, weil alles drückte und kneifte. Übel war mir zunächst nicht, das fing zum Glück erst ab der 7ten Woche an. Dafür dann aber so richtig. Die Übelkeit kam nicht immer direkt morgens. Sie kam und ging den ganzen Tag über. Dazu hatte ich wirklich starkes Sodbrennen, was vorübergehend sogar schlimmer war als die Übelkeit an sich. Hinzu kam außerdem, dass ich extremen Speichelfluss hatte. Immer wieder musste ich im Bad verschwinden, Mundwasser nehmen, meine Spuke ausspucken. Von der viele Spuke, die ich dann auch in meinem Magen hatte, wurde die Übelkeit noch schlimmer. Ich wusste einfach nicht wohin mit mir und meiner vielen Spuke. Manchmal war es so viel, dass ich alleine davon würgen musste. Nachts wachte ich oft auf, weil mein ganzes Kopfkissen durchnässt war. Ich hatte gesabbert und zwar nicht zu knapp. Meine Haare konnte ich jeden Morgen waschen – genauso wie mein Kopfkissen.
Die Übelkeit hat mittlerweile etwas nachgelassen, das Sodbrennen ist momentan fast gänzlich weg, doch der enorme Speichelfluss ist nach wie vor geblieben. Das wirklich ärgerliche daran: mir wird eigentlich nur von Flüssigkeit schlecht. Trinken fällt mir seit Wochen enorm schwer. Sobald ich Flüssigkeit zu mir nehme, wird mir übel. Nach wie vor teilweise so sehr, dass ich über der Schüssel hänge. Ich habe alles probiert. Getränke mit und ohne Kohlensäure, Tees, entkoffeinierten Kaffee, Malzbier, Leitungswasser, angerührte Sachen… doch von allem wird mir übel. Sogar wenn ich abends meine Portion Gemüse esse. Gerade Gemüse mit viel Wasseranteil wie Gurken oder Paprika lassen meinen Magen rebellieren. Dann hilft tatsächlich nur trockenes Essen, das diese Flüssigkeit ein bisschen aufsaugt.
In den ersten Wochen war ich auch viel Müde und sehr schnell kaputt und außer Atem. Gerade Sport schien wirklich unmöglich. Ich schlief also viel und ruhte mich aus. Das ist mittlerweile viel besser geworden. Meine Energie ist zurückgekehrt und ich habe wieder etwas mit Sport angefangen.
Besonders in den letzten Tagen habe ich enorm viele Pickel bekommen, im Gesicht und im Dekolletee. Man sagt ja, dass das auf ein Mädchen hinweist – na, warten wir mal ab. Weil ich davon keine körperlichen Beschwerden habe, ist mir das tatsächlich erstmal ziemlich egal.
Ansonsten spielt meine Schilddrüse etwas verrückt. Meine Medikamente passen vorne und hinten nicht und müssen ständig angepasst werden. Zu guter Letzt kommt ein Eisenmangel hinzu, dafür habe ich mittlerweile Präparate bekommen und versuche natürlich viel Eisen durch die Ernährung aufzunehmen.
Der Diabetes
Man sagt ja, dass viele ihre Schwangerschaft bemerken, weil sie plötzlich so wenig Insulin benötigen. Tja, bei mir war das ganz anders. Ich hatte urplötzlich einen fast dreimal so hohen Insulinbedarf. Das blieb ungefähr bis zur 9ten Woche so, dann konnte ich beobachten, dass mein Insulinbedarf wieder fiel. Durch die niedrigen Zielwerte hatte ich vermehrt Hypos und ich reagierte sehr sensibel auf Insulin. Eigentlich gewöhnte ich mich wieder an einen Spritz-Ess-Abstand, um die Zielwerte nicht zu überschreiten, aber manchmal musste ich dann doch recht schnell essen, weil mein Blutzucker plötzlich ins Bodenlose fiel. In den kommenden Wochen nahm ich unheimlich viele Hypo-BE’s zu mir und war gefühlt nur damit beschäftigt Hypos und Hypers in den Griff zu bekommen. Einmal in der Achterbahn ist es schwer da wieder herauszukommen. Einige Wochen waren die Nächste dann am schlimmsten. Mehrere Hypos pro Nacht hielten mich nicht nur vom Schlafen ab, sondern sorgten auch dafür, dass ich Essen kaum noch sehen konnte. Ich nahm in kürzester Zeit eine Menge zu und mit Zucker und Süßkram hätte man mich wirklich bis Timbuktu jagen können!
An die niedrigen Zielwerte gewöhnt man sich aber tatsächlich relativ schnell. Die ersten zwei bis drei Wochen waren sehr anstrengend und ich war durch die niedrigen Werte blind wie ein Maulwurf. Niedrige Werte gehen bei mir immer gleich auf die Augen. Doch danach haben sich nicht nur meine Augen, sondern auch mein Körper an die neuen Zielwerte gewöhnt. Ich verstehe absolut, dass viele Schwangere eine Hypowahnehmungsstörung entwickeln. Ich merke meine Hypos nun erst ab unter 50 mg/dl. Dabei fühle ich mich ab 120 mg/dl aber auch schon enorm hoch.
Seitdem hat sich noch nicht viel geändert. Mein Diabetes und ich haben uns gerade ganz gut eingespielt und ich bin heilfroh darüber. Zugegeben, in den ersten acht Wochen gab es einige Momente in denen ich weinend und verzweifelt dasaß und mich fragte, wie ich das neun Monate schaffen sollte. Körperlich und psychisch. Zum Glück ist das erstmal vorbei. Aber ich will den Tag nicht vor dem Abend loben, gerade im dritten Trimester soll es ja nochmal ordentlich durcheinander gehen – ebenso nach der Geburt. Aber gerade bin ich doch noch recht zuverlässig. Ich habe die ersten Wochen überstanden, dann werde ich das auch nochmal packen. Wichtig dabei ist allerdings auch, dass man sich selbst kleine Fehler verzeiht und sich nicht zu sehr unter Druck setzt. Man darf nicht zu schnell korrigieren und sollte Achterbahnen vermeiden. Dann wird schon alles gut!
Jessica meint
Liebe Lisa,
erst einmal gratuliere ich euch und wünsche euch alles Gute für die kommende Zeit!
Ein rießen Dankeschön für diese Blogreihe. Typ 1 Diabetes und Schwangerschaft wird leider immer noch zu wenig thematisiert und wenn nur in Leitlinien, Erfahrunsberichte gibt es immer noch zu wenig.
Um so wundervoller, dass du deine Erfahrungen teilst und uns so an dieser spannenden Zeit teilhaben lässt.
Ich bin selbst Typ 1 und schwanger, zum ersten Mal und wie vermutlich jede Schwangere überprüft man jedes Anzeichen und jedes „Wehwehchen“. Laut den Leitlinien läuft bei mir so eines atypische, mein Insulinbedarf sank nicht zu Beginn, zwischen sank er wieder rapide, die Morgenübelkeit schien eine Ganztagsübelkeit zu sein und mein Hba1c war mit 7,2% auch nicht unbedingt im grünen Bereich. Diese ständigen Sorgen, ob man alles richtig macht und die Ängste, ob man dem Baby schadet, von Termin zu Termin das Bangen, ob auf dem Ultraschall alles okay ist. In deinen Beiträgen finde ich mich oft wieder und es beruhigt unglaublich zu lesen, dass es jemandem ähnlich geht und doch alles okay ist.
Wie gesagt, ein ganz liebes Dankeschön, dass du uns die kommenden Monate auf dieses Abenteuer mit nimmst. Ich freue mich schon auf die folgenden Beiträge und wünsche dir alles Gute für deine weitere Schwangerschaft.
Herzlichst
Jessica
Christine meint
Ein sehr schöner Beitrag. Danke
Bei mir war es auch so mit den Insulin: auf einmal stieg er so an, wie ich es sonst nur von einer Infektion kenne. Am Ende meiner Schwangerschaften lag ich dann auch immer beim ungefähr dreifachen Bedarf.
Aber: du schaffst das schon, alles wird gut und in ein paar Monaten wirst du (vermutlich mental und körperlich völlig k.o.) euer Baby bei euch zu Hause haben und neben ihm einschlafen.