Wer mich privat gut kennt, der weiß: Lisa lacht viel und ist oft albern. Schon in der Schule habe ich oft den Klassen-Clown gemimt, um meine Unsicherheit zu überspielen. Ich bin sarkastisch, ironisch und oft nicht ernst zu nehmen.
Auch bei meiner Partnerwahl waren zwei Dinge ganz ausschlaggebend: Intellekt und Humor. Mein Freund bringt mich jeden Tag zum Lachen. Allgemein, so ein Tag bei Lisa ohne Lachen – da muss schon etwas echt schlimmes passieren.
Aber wie wir Menschen nun mal sind, sind wir facettenreich und nicht einseitig. Ich habe zu meiner sehr albernen, humorvollen Art auch eine sehr nachdenkliche Ader. So bin ich einfach- und mit Sicherheit wurde diese Eigenschaft durch einschneidende Erlebnisse in meinem Leben verstärkt.
Diese nachdenkliche Ader findet ihr vorwiegend auf meinem Blog. Das heißt aber nicht, das mein Leben nur so aussieht
Bloß nicht zur Last fallen
Mal im Klartext: mein großer Bruder starb mit 16 bei einem Verkehrsunfall. Was das mit meinen Eltern und meiner Familie machte, brauche ich wohl nicht groß erzählen. Ich jedenfalls war sieben und von jetzt auf gleich erwachsen. Denn irgendwer musste ja aufpassen, dass Mama und Papa nicht mehr so viel weinen. Deswegen mein Gedanke als 7-jähriges Mädchen: immer lustig und fröhlich sein. Bloß nicht riskieren, dass Mama oder Papa wieder traurig werden! Das war der absolute Horror für mich. Also bloß keine ernsten oder schweren Themen ansprechen.
Ihr wisst wozu das führte? Ich redete nie über Probleme, wenn ich mal welche hatte. Ich machte immer alles mit mir aus, weil ich dachte, die Menschen müssen schon so genug ertragen und jeder hat sein Päckchen zu tragen. So hatte ich immer mein eigenes Päckchen, das ich niemanden anvertraute, um bloß keine schweren Themen anzusprechen und jemandem zusätzlich zur Last zu fallen.
Mit 14 wurde ich das erste Mal zu einem Therapeuten geschickt. Doch da machte ich weiter, wie ich es mir selbst beigebracht hatte: keine Schwäche zeigen! Das war der Weg des geringsten Widerstandes. Meine Therapeutin fragte mich nach meinem Diabetes: „Den habe ich ja quasi schon immer. Ich kenne es gar nicht ohne Diabetes. Ich glaube, mir würde sogar etwas im Leben fehlen. Ich komme gut klar mit meinem Diabetes.“ Thema abgehakt, Gottseidank! Sie fragte auch nach meinem Bruder: „Da war ich so klein! Ich erinnere mich gar nicht an ihn – also kann ich ihn auch nicht vermissen.“ Thema gegessen.
Keine Angst vor Gefühlen – redet!
Tja, am Ende lag ich im ketoazidotischen Koma und meine Familie, meine Freunde und mein Partner fielen aus allen Wolken. Lisa hat Probleme? Das hat niemand gemerkt! Ja, dafür habe ich gut gesorgt!
Es bringt also absolut nichts seine Probleme zu verschweigen oder gar herunterzuschlucken. Heute weiß ich das. Aber weil ich immer noch Angst habe Leute zu belasten oder zu nerven, dokumentiere ich die Momente meiner Nachdenklichkeit auf meinem Blog. Jeder der Lust hat, kann es lesen, alle anderen, die es doof finden, können (und sollten verdammt nochmal!!) meinen Blog ignorieren.
Also Leute, habt nie Angst davor, eure wahren Gefühle und Gedanken zu äußern. Natürlich wird es Leute da draußen geben, die sagen, dass ihr spinnt, das ihr übertreibt, dass es super duper toll ist zu Leben und wir deswegen niemals jammern sollte, weil wir es alles soooo gut haben. Diese Menschen sind ignorant und sollten von euch ebenfalls ignoriert werden.
Manchmal kann es eben scheiße laufen und dann darf man das auch sagen. Niemand sollte sich wegen seiner Gedanken und Gefühle rechtfertigen müssen. Wenn es dir gerade nicht gut geht, dann ist das so. Aber es gibt auch wieder bessere Tage und es kann helfen, über Probleme zu reden, damit die besseren Tage schneller kommen können. Nur so kommt man aus diesen Löchern wieder raus!
Ich liebe das Leben!
Die ganze Sache mit meinem Bruder hat mich eins gelehrt: Ich liebe das Leben – abgöttisch! Mein Bruder hatte leider nicht das Glück erwachsen werden zu dürfen und all die tollen Dinge, die das Leben so bietet, erleben zu können. Umso mehr versuche ich mein Leben in vollen Zügen zu genießen. Denn ich habe das unglaubliche Privileg überhaupt leben zu dürfen und all die Sachen und Chancen zu bekommen, die andere nicht haben können. So ein bisschen Diabetes kriegt mich sicherlich nicht klein!
Ich will nicht jammern, ich will kein Mitleid. Was ich will ist, offen darüber sprechen zu dürfen, was ich für Gefühle habe! Ich möchte, dass andere nicht die selben Fehler machen wie ich. Ich will keine Tabuthemen, ich möchte ernstgenommen werden und ich möchte, dass jeder die angemessene Hilfe bekommt, die er verdient. Ich möchte, dass wir uns gegenseitig respektieren und das niemand auf Grund seiner Gefühle, Ängste und Probleme ins Lächerliche gezogen wird. Ich möchte, dass die Menschen keine Angst davor haben schwere Themen anzusprechen- Themen, die nicht bunt, Glitzer oder YOLO sind.
Das Leben ist nicht nur schwarz oder weiß, es gibt tausend Stufen von bunt dazwischen.
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