Letztes Wochenende war ich von Abbott (Freestyle Libre, ihr wisst schon ;)) zum DX nach Stockholm eingeladen worden. DX steht hier für ‚European Diabetes Exchange Forum‘. Also ein Event von der Firma Abbott für Diabetes-Blogger und Aktivisten aus Europa.
Schon letztes Jahr war ich eingeladen, musste dann aber wieder absagen. Als ich dann trotzdem auch dieses Jahr wieder eine Einladung bekam, nahm ich mir schon vor, egal was kommt, ich gehe da hin! Gar nicht so einfach, bei meiner panischen Flugangst. Ich bin zwar schon ein paar Mal geflogen, aber an meiner Angst hat das bisher nichts geändert. Und nun sollte ich auch noch alleine Fliegen. Na gut. Mit 26 muss man ja mal ein bisschen aus sich herauskommen und sich Dinge trauen, die man bisher für fast unmöglich gehalten hatte.
Und siehe da: Nach etlichen Schweißausbrüchen und fluchenden Stoßgebeten zum Himmel, kam ich am Freitag Nachmittag in Stockholm an.
Begegnungen der dritten Art
Als ich gerade aus dem Flugzeug steigen wollte, sah ich, dass jemand vor mir seinen Gewebezucker mit dem Libre maß. Prompt hielt ich ihm meinen Arm inklusive Libre vor die Augen und wir beide freuten uns. Schnell wurde auch klar, dass wir beide zu dem Abbott- Event geladen waren. Mike kam aus England und ich war total froh, schon mal jemanden an meiner Seite zu haben. Auf dem Flughafen trafen wir dann auch gleich Sarah von Diab-beat-this, Annika von Die Welt mit Diabetes, Sascha von Sugartweaks und Kariem von Abbott, der uns auch alle eingeladen hatte.
Wir nahmen uns alle zusammen ein Taxi und fuhren zum Hotel. Dort wollten wir eigentlich bei einer geplanten Sightseeingtour mitmachen, aber leider waren wir zu spät und die Gruppe war schon weg.
Nun gut, so hatten wir ein wenig Zeit im Hotel und dieses Hotel war der absolute Wahnsinn. Wirklich, ich sage das jetzt nicht einfach so. Aber so ein Hotel hatte ich vorher noch nicht besucht.
Alles war im schicken Stil der zwanziger Jahre, sogar die Musik, die immer lief passte dazu. Es war einfach wahnsinnig stilvoll (so sehr, dass mir gar kein anderes Wort dafür einfällt). Eigentlich wollten wir die Zeit vor unserem Heimflug nutzen, um einzigartige Fotos in diesem Ambiente zu machen, warum das leider nicht mehr geklappt hat, erzähle ich euch am Ende.
Bevor das Programm dann richtig startete gingen wir „deutschen“ auf eigene Faust die Stadt erkunden.
Spiel, Spaß und „sweet peeps“
Abends ging es dann mit einem ganzen Bus voller „sweet peeps“, wir müssen so um die 30 gewesen sein, ins Technik Museum von Stockholm. Dort gab es ein tolles Buffet und nebenbei konnten wir uns dort austoben. Es gab eine Menge zu entdecken, was natürlich mit Technik zutun hat. Man konnte mit den Augen Bilder malen, mit dem Körper Musik machen (wofür Annika und ich aber irgendwie zu doof waren), wie ein Roboter sprechen und seine Stärke, Dehnbarkeit, Sprunghaftigkeit und Geschickt testen.
Anschließend saßen wir noch ein bisschen draußen vor dem Hotel und tauschten uns mit den vielen neuen und vor allem interessanten Menschen aus.
Am nächsten Morgen gab es eine Laufrunde durch Stockholm. Da ich gerade absolut gar nicht im Training bin, habe ich mir das nicht zugetraut. Dennoch wollte ich unbedingt noch mehr von der Stadt sehen. Da unser Programm sehr straff war, traf ich mich früh morgens mit Sarah und wir machten einen kleinen Spaziergang auf eigene Faust. Dabei wurden wir natürlich von der Laufgruppe überholt. Das war aber halb so peinlich, wie wir befürchteten, denn auch die Laufgruppe war um die Hälfte kleiner als noch am Vorabend angekündigt.
Das Bett muss wohl so weich gewesen sein, dass es viele doch nicht aus den Federn geschafft haben. Wer kann es ihnen verübeln? Das Bett war wirklich unglaublich weich und flauschig. Wie eine Wolke! 😀
My future, my choice
Als wir nach unserer kleinen Entdeckungstour zurückkamen, gab es schnell ein großes, vielfältiges Frühstück- natürlich wieder mit charmanter zwanziger Jahre Musik. Danach machten wir uns alle auf den Weg in eine Agentur, in der das Tagesprogramm anstand. Es gab viele tolle Vorträge über Storytelling, Snapchat (ich glaube, wir werden dennoch keine großen Freunde, sorry), Hilfe zur Selbsthilfe und wieder jeder Menge „Zukunft“ und technische Entwicklungen.
So konnten wir den Arm eines anderen steuern, Hasenohren durch Gedanken bewegen, unsere eigene DNA erstellen und in virtuellen Welten wandeln.
Mir hat das wirklich Spaß gemacht, jedoch fand ich es total schade, dass wir den ganzen Tag in diesen Räumlichkeiten waren. Auch die waren wieder total Stilvoll eingerichtet – die Schweden können es einfach – aber draußen war strahlend blauer Himmel und um die 25°C. Ich hatte mich schon längst in diese Stadt verliebt und hätte am liebsten noch so viel mehr von ihr gesehen.
Abends gingen wir alle lecker essen, um anschließend noch ein paar schöne Stunden in der Hotelbar zu verbringen. Als diese schloss, machten sich einige von uns noch auf zu einem Kiosk und wir saßen bis 3 Uhr nachts auf dem Vorplatz des Hotels.
Da in den nächsten Wochen Midsommar ist, wurde es gar nicht richtig dunkel und um 3 Uhr war es fast schon wieder hell. Es war wirklich toll!
Sarah und ich hatten auch für den nächsten morgen einen Spaziergang geplant. Doch nach 4 Stunden Schlaf, war unsere Motivation noch nicht ganz so weit.
Ich duschte (oh mein Gott, diese Dusche!!), machte mich fertig, packte schon mal meinen Koffer sowie alles andere zusammen und ging zum Frühstücksraum.
Hypoalarm vor dem Buffet
Ich glaube (warum ich nur glaube und mir nicht sicher bin, wird euch gleich klar ;)) Sarah, Annika und ich waren in dem Moment so ziemlich die ersten im Frühstücksraum, als ich eine Unterzuckerung spürte. 68 mg/dl. Während die anderen beiden noch Platz nahmen, machte ich mich schon mal auf zum Buffet. Schnell kippte ich mir ein Glas Orangensaft herunter. Aber es wurde immer schlimmer. Mir wurde schwarz vor Augen und ich sah weiße Blitze. Schnell goss ich mir noch ein zweites Glas Saft ein und während ich dieses trank, zuckte mein Kopf immer wieder zur Seite. Solche Situationen kannte ich schon und ich konnte mich auch schon des Öfteren daraus retten. Ich hatte leichte Panik, dachte aber, dass der Saft ja jetzt schon kommen würde.
Tja, Pustekuchen. In dem einen Moment halte ich das Glas Saft in der Hand, im nächsten lag ich auf dem Boden.
Ich weiß nicht, was passiert ist. Das erste, an das ich mich wieder erinnere ist, dass ich auf dem Boden lag und mir gerade eine Nadel aus dem Arm gezogen wurde. Erschrocken guckte ich zur Seite und sah einen Sanitäter (ich dachte erst es sei ein Polizist, weil er ganz in blau gekleidet war. Aber so sehen bei denen wohl die Sanitäter aus). Um mich herum standen eine Menge Leute. Manche Gesichter erkannte ich, andere nicht. Dann sah ich Steffi von Pep me up neben mir sitzen und das beruhigt mich sehr. Sie erzählte mir zwar hinterher ich hätte super Englisch mit den Sanitätern geredet, aber mir kam es so vor, als hätte ich nichts auf die Reihe bekommen. Ich glaube, sie fragten mich, welchen Tag wir hätten und wo ich sei. Darauf hatte ich keine Antworten. Wirklich, ich hatte keine Ahnung! Irgendjemand erklärte mir noch, dass ich umgekippt sei und nun eine Glucagon spritze bekommen hätte. Aha, darum der verbundene Arm, okay. Außerdem hatte ich einen Müsliriegel in der Hand, den ich aß ohne es wirklich zu registrieren. Ich stelle zwar fest, dass er mir nicht schmeckte, aber wie mechanisch aß ich einfach weiter.
Das Hotel hatte das Frühstück anscheinend kurzerhand umverlagert, sodass ich dort, wo ich lag (immer noch direkt neben dem Buffettisch) noch zur Ruhe kommen konnte. Ein paar wenige Erinnerungen kamen zurück, aber ich bin ganz ehrlich: Erst war das komplette Wochenende davon.
Ich fragte einige aus, was die letzten Tage so passiert sei und sah mir meine Fotos an, das half.
Am Ende gab es noch einen Vortrag von Abbott, von dem ich leider kaum etwas verstanden habe. Das war in dem Moment einfach noch zu viel, um es aufzunehmen.
Anschließend verabschiedeten wir uns alle und ich vergaß mit Sicherheit die Hälfte der Menschen. Ich irrten einfach mehr oder weniger umher und hatte starken Muskelkater von dem Krampfanfall und hatte mir auf die Zunge gebissen. Auf beiden Seiten. Grandios! (Wie ich mich nach so einer starken Hypo immer fühle, könnt ihr in dem Blogartikel: nach der Hypo im Paralleluniversum lesen)
Lisas persönliches Gesundheitsmanagement
Danach ging es aber erst richtig los. Kariem von Abbott machte sich Sorgen und fragte mich, ob und wie ich gerne nach Hause kommen würde.
Geplant war ein Flug am Mittag von Stockholm nach München und dann von München nach Hannover. Dabei war mir tatsächlich etwas mulmig. Ob ich das alleine hinbekommen hätte? Ich glaube, wenn ich es tatsächlich gemusst hätte und es keine anderen Möglichkeiten gegeben hätte, hätte das schon irgendwie funktioniert, aber meine Beine taten echt weh und ich war so verwirrt, dass ich oft die einfachsten Dinge nicht verstand. Ich fragte, ob es andere Möglichkeiten gäbe und jeder hing sich an ein Telefon. Erst versuchten wir jemanden zu organisieren, der mich aus München abholen könnte. So hätte ich wenigstens nur einen Flug zu meistern. Aber das funktionierte schon mal nicht. Meine Idee war dann, dass ich mit Sarah und Kariem bis nach Frankfurt fliege. Das war dann auch ziemlich schnell klar. Also versuchte ich erneut jemanden zu organisieren, der mich aus Frankfurt abholen könnte. Aber auch das klappte nicht. Kariem sagte mir auch, dass es auch kein Problem wäre, wenn er ein Taxi dafür engagiert. Ich fühlte mich schon tierisch schlecht, für die ganzen Umstände, die ich machte. Alle waren wirklich bemüht mich am schnellsten und sichersten nach Hause zu bekommen und zwar so, dass ich mich gut und wohl dabei fühlte.
Eigentlich hätte ich bis nach Hannover gemusst, wäre aber mit einem Auto oder einem Taxi aus Frankfurt erst ewig spät dort gewesen. Also fuhr ich nur bis Kassel, das war dannn kein Problem. Ich flog also mit den Beiden von Stockholm nach Frankfurt und von dort fuhr ich mit dem Zug eine Stunde nach Kassel, wo mich mein Freund erwartete.
Es war wirklich unglaublich rührend, wie sich alle um mich gekümmert haben. Es war absolut kein Problem meinen Flug umzubuchen, nachdem ich erklärt hatte, ich würde gerne mit jemandem zusammen fliegen. Auch die Zugfahrt im ICE war von Seiten der Firma kein Problem.
Kariem war sehr bemüht mich sicher und wohlbehalten nach Hause zu kriegen. Ich brauchte gar nichts machen. Also, wirklich nichts. Er nahm mein Gepäck, kaufte mir etwas zu essen und zu trinken. Und stand im permanenten Kontakt mit einem Diabetologen.
Als ich mich dann verabschiedete und alleine dem Zug überlassen wurde, machte Sarah sogar noch eine Whatsapp-Gruppe mit uns dreien, in die ich alle 15 Min meinen Blutzucker posten sollte. Als ich dann ein mal im Funkloch stecke hatte ich gleich einige Nachrichten und zwei verpasste Anrufe von den beiden.
Ich muss echt sagen, ich war mega gerührt. Leider konnte ich mich nicht bei allen, die mir da so super geholfen haben gebührend bedanken, aber wenigstens für Kariem eine kleine Schokolade kaufen.
Ich weiß nicht, ich bin einfach so. ich hasse das, wenn Leute wegen mir Umstände haben und demnach wäre ich bei der ganzen Sache manchmal gerne im Erdboden versunken, aber es war auch ein gutes und vor allem sicheres Gefühl.
Als erste Hilfe, seelische Unterstützung und Reisebegleitung sind diese Menschen einsame Spitze. Ich bin so dankbar, dass das alles so geklappt hat und ich nicht noch alleine fliegen musste.
Ein tolles Event, noch tollere Leute und eine menge Aufregung.
Dennoch bin ich soooo froh, dass ich dabei sein durfte und freue mich schon, wenn ich all diese Menschen mal wieder sehen darf.
Also auf schwedisch: „Tack!!
*DX Stockholm wurde organisiert und veranstaltet von der Firma Abbott, die mich eingeladen hat. Ich wurde nicht gebeten diesen Artikel zu verfassen. Meine Meinung ist nicht beeinflusst.
Sarah (Dia-beat-this.de) meint
Dafür musst du dich wirklich nicht bedanken! Das ist selbstverständlich ? Erhol dich gut! ?