Norddeutsch in Rheinland-Pfalz
Hannover liegt zwar gar nicht so hoch im Norden, aber trotzdem fühle ich mich total norddeutsch. Dadurch, dass mein Papa Segler ist, haben wir früher auch viele Wochenenden und Urlaube an der Küste, in Ost-Friesland oder im Emsland verbracht.
Ich spreche ein bisschen Platt und würde am liebsten direkt hinter einem Deich wohnen, mit Schafen, gelben Gummistiefeln und auf dem ich meine Frisur vom rauen Wind und Regen ruinieren lassen kann. Ich verstehe zwar Spaß, bin aber grundsätzlich schüchtern, ruhig und wohl etwas „steif“. Von meiner Mentalität bin ich also total norddeutsch, wenn man dem Klischee Glauben schenkt.
Und jetzt bin ich für acht Wochen in Mainz, Rheinland-Pfalz, zur Karnevalszeit. Dafür bin ich doch überhaupt nicht gemacht!
Oder?
Karneval in Mainz
Ich bin ein absoluter Karneval-Laie. Bei uns gab es in der Grundschule ´zwar Fasching, aber das war ein Tag (Rosenmontag), an dem wir Kinder verkleidet zur Schule gingen und dort Kuchen aßen und Spiele spielten.
Etwas komplett anderes, denn hier geht Karneval über mehrere Tage. Alles fängt am Donnerstag, der Altweiber Fastnacht, an. An diesem Tag gehen wohl hauptsächlich Frauen feiern und auf der Arbeit waren schon einige verkleidet. Ab da wurde es für mich tatsächlich erst mal etwas schwierig. So richtig konnte ich mit all dem noch nicht umgehen und war leicht überfordert. da war ich froh, dass ich übers Wochenende nach Hause fuhr.
Allerdings kam ich am Sonntag extra früh zurück. Denn wenn man schon mal an Karneval in Mainz ist, dann muss man das auch unbedingt mal miterlebt haben, das versicherten mir alle.
Rosenmontag war zwar frei, aber viele feierten trotzdem im Kirchheim-Verlag. Mein Plan war es natürlich mitzumachen, aber es kam dann doch etwas anders.
Zusammen mit meiner Mitbewohnerin machten wir uns Montagmorgen auf den Weg zu ihren Freunden. Von da aus sollte es dann weitergehen. Natürlich wurde dort aber erst mal etwas getrunken. Da ich unheimlich wenig vertrage, war ich auf dem Weg in die Stadt schon leicht angeheitert.
Verkleidet war ich übrigens als Seemann, Bootsjunge oder Kapitän. Ein richtiges Kostüm hatte ich nicht, also wurde mein Kleiderschrank geplündert und das zusammengestellt, was er so her gab.
Den Blutzucker nicht vergessen
In der Stadt angekommen erkämpften wir uns den Weg durch die Menschenmenge. Immer wieder blieben wir stehen, um uns den Festumzug anzusehen – und fast jedes Mal gab es auch eine Kleinigkeit zu trinken (Alkohol natürlich).
Die Musik, die eigentlich so gar nicht mein Fall ist, wurde immer besser und natürlich endete es damit, dass ich singend und tanzend in der Menge stand, während die Wagen an uns vorbei fuhren und ihre Süßigkeiten verteilten.
Aus Angst zu Unterzuckern hatte ich meine Basalrate reduziert und aß zwischendurch immer mal etwas von den Süßigkeiten, die durch die Luft flogen.
Irgendwann war ich dann auch ziemlich betrunken und mein Blutzuckerwert lag bei 200-300mg/dl. So genau, weiß ich das nun schon gar nicht mehr.
Mit den Leuten in meinem Umfeld scheine ich immer unheimliches Glück zu haben. Über den Tag verteilt fragte mich meine Mitbewohnerin immer mal wieder
Diabetes und AlkoholDie Leber ist sowohl für den Alkoholabbau als auch für die Glukoseausschüttung zuständig. Wenn man Alkohol trinkt, ist die Leber für ca. 12 Stunden so mit dem Abbau des Alkohols beschäftigt, dass sie keine Glukose zur Verfügung stellt. |
Nach fast 9 Stunden feiern – den Verlag erreichte ich dann leider schon gar nicht mehr, weil wir andauernd irgendwo stecken blieben und etwas tranken, machten wir uns wieder auf den Heimweg. Zu Hause angekommen kochten wir uns dann erst mal eine große Portion Nudeln. Da mein Wert mittlerweile bei 400mg/dl angekommen war, spritze ich für die Nudeln, ließ die Korrektur aber weg.
Große Unterzuckerung nach großer Party
Trotzdem kam es so, wie es kommen musste. Gegen 1 Uhr nachts hatte ich eine fiese Unterzuckerung und nichts mehr in meinem Zimmer. Na ja gut, Dexo energy Liquid. Ich war zwar wieder nüchtern, aber mir war von dem ganzen Alkohol sehr unwohl. Die Vorstellung, mir jetzt dieses Liquid reinwürgen zu müssen, führte eben genau dazu – zum Würgen. Etwas verzweifelt rief ich meinen Freund an und klagte ihm mein Leid. Natürlich sagte er genau das, was ich erwartet hatte: „Jetzt nimm endlich dieses blöde Liquid. Du hast sowieso keine Wahl.“ Widerwillig, mit zugehaltener Nase und geschlossenen Augen, drückte ich das Liquid in meinen Mund. Ich brauchte einen Moment, bis ich es wirklich schlucken konnte. Herrgott, war das ekelig! Aber wie mein Freund schon sagte, welche Wahl hatte ich in dem Moment?
Am nächsten Morgen hatte ich zwar keinen Alkohol-Kater, aber einen Blutzucker-Kater. Mein Wert lag über 400mg/dl und blieb bis zum Nachmittag auch genau dort. Mit der Korrektur blieb ich trotzdem vorsichtig, bei den Gedanken an letzte Nacht.
Zum Schluss
Abschließend möchte ich sagen: Seid vorsichtig mit Alkohol und schaut beim Feiern wenigstens ab und zu nach euren Werten. Aber lasst auch mal die Sau raus und lasst die ganz harte Disziplin einfach mal Disziplin sein. Wenn das nicht jedes Wochenende passiert, kann man sich so etwas durchaus mal gönnen. Besonders schön ist es natürlich, wenn man Leute um sich hat, die Bescheid wissen und etwas aufpassen.
Und: Meine anscheinend norddeutsche Mentalität hat mich am Ende doch nicht davon abgehalten am Rosenmontag mal so richtig die Sau raus zu lassen. Soll ich euch etwas verraten? Es hat richtig Spaß gemacht. Ich glaube, Karneval ist doch ein bisschen mein Ding. Das Zimmer meiner Mitbewohnerin habe ich mir auf jeden Fall schon für die nächste Karnevalszeit reservieren lassen.
Teil I: Auf Abwegen: acht Wochen Mainz
Blau meint
Hallo Lisa,
ich kannte deinen Blog vorher schon und habe hier hin und wieder immer mal etwas geschrieben (Angst vor Hypos und allg. Angstzustände)…ist aber schon ein paar Monate her. Ich habe gesehen, dass du dir im Insulinclub mein Profil angesehen hast und so bin ich mal wieder hin gelandet. 😉
Schön, dass du das Feiern einigermaßen überstanden hast, ich gebe dir absolut recht, dass es einfach mal sein muss und das beste ist, den Diabetes „links liegen“ zu lassen, du hast das ja trotz „kleiner“ Unannehmlichkeiten ganz gut gemacht!
Ich habe in einem deiner vorherigen Beiträge gesehen, dass du ein CGM verwendest…hast du denn das CGM zum Feiern nicht verwendet und nur blutig gemessen?
Wünsche dir eine schöne Zeit in Mainz…
Liebe Grüße